Ein Angriff auf einen Obdachlosen in Wien zeigt einmal mehr, wie schutzlos Menschen ohne Wohnung sind – und wie sehr der Staat darin versagt, ihnen Hilfe und Perspektiven zu geben.
Wien. Am Mittwochabend soll ein 63-Jähriger beim Erdberger Steg in Wien-Leopoldstadt einen Schal in Brand gesetzt haben, der als Sichtschutz für den Schlafplatz eines Obdachlosen diente. Hinter dem Tuch schlief ein 46-Jähriger, der durch den Rauch geweckt wurde und das Feuer rechtzeitig löschen konnte.
Nach dem Vorfall kam es laut Polizei zu einem Wortgefecht, bei dem der 63-Jährige auch noch seinen Hund gegen den Obdachlosen gehetzt haben soll. Anschließend verließ er den Ort. Beide Männer riefen die Polizei. Der Ältere warf dem Obdachlosen einen Fahrraddiebstahl vor, wofür es jedoch keine Hinweise gab.
Ein Alkoholtest zeigte etwa 0,5 Promille. In einer ersten Einvernahme räumte der Verdächtige ein, das Feuer gelegt zu haben, da es seiner Aussage nach „ständig Probleme“ mit Obdachlosen gebe. Er will allerdings nicht gewusst haben, dass sich jemand hinter dem Sichtschutz aufhielt. Der Mann wurde festgenommen.
Obdachlose anzugreifen, ist eine besondere Form der Feigheit – sie sind ohnehin die Schwächsten der Gesellschaft und können sich kaum wehren oder zurückziehen. Wer sich an ihnen vergreift, tritt nicht nach oben, sondern nach unten. Wenn es Probleme im Zusammenleben gibt, dann deshalb, weil der Staat seiner Verantwortung nicht gerecht wird und diese Menschen mit ihren Sorgen, Krankheiten und Perspektivlosigkeit alleine lässt. Statt Aggressionen gegen Obdachlose zu richten, wäre es Aufgabe der Politik, ihnen Schutz, Unterstützung und echte Chancen auf ein würdiges Leben zu bieten – und Aufgabe der verärgerten Anrainer, sich gegen diesen Staat aufzulehnen.
Quelle: ORF