Wien. Die von ÖVP, SPÖ und NEOS beschlossene Senkung der Elektrizitätsabgabe wird von der Regierung als großer Wurf gegen die Teuerung verkauft. Tatsächlich handelt es sich um einen zeitlich begrenzten Einmaleffekt, der vor allem eines nicht leistet: die spürbare Entlastung der Mehrheit der Bevölkerung. Rund 50 Euro im Jahr sollen Haushalte dadurch einsparen. In einer Situation, in der viele Menschen Monat für Monat hunderte Euro an Kaufkraft verloren haben, ist das kaum mehr als ein symbolischer Betrag – ein Tropfen auf den heißen Stein, der weder die gestiegenen Energiepreise noch die allgemeinen Lebenshaltungskosten ausgleicht.
Dass die Maßnahme Ende 2026 wieder ausläuft und laut Regierung selbst ab 2027 erneut preistreibend wirken kann, unterstreicht ihren kurzfristigen und kosmetischen Charakter. Kanzler Stocker (ÖVP) spricht offen von einer Überbrückung und einem „Einmaleffekt“, der Zeit verschaffen soll, um strukturelle Reformen anzugehen. Doch genau diese strukturellen Eingriffe bleiben seit Jahren Ankündigungspolitik. Während auf EU-Ebene Briefe geschrieben und Reformen der Merit-Order versprochen werden, zahlen die Haushalte weiterhin hohe Strompreise – und sollen sich nun mit einer minimalen, befristeten Entlastung zufriedengeben.
Finanziert wird die Maßnahme aus Sonderdividenden staatlicher und teilstaatlicher Betriebe. Das wird von der Regierung als sozial ausgewogene Gegenfinanzierung präsentiert, ändert aber nichts am Kern des Problems: An den Mechanismen des Strommarkts wird real nichts verändert, und eine dauerhafte Preis- und Versorgungssicherheit für private Haushalte ist nicht in Sicht. Gleichzeitig betont die Regierung, es handle sich weder um eine „Gießkanne“ noch um einen Eingriff in die Preise.
Wem diese Politik tatsächlich zugutekommt, zeigt ein Blick auf die Reaktionen der Interessenvertretungen. Sowohl Wirtschaftskammer als auch Industriellenvereinigung loben die Senkung der Elektrizitätsabgabe ausdrücklich und fordern sogar weitergehende Maßnahmen. Die WKO drängt auf eine Verlängerung der Strompreiskompensation für energieintensive Betriebe bis 2030, die IV spricht von „fokussierteren Maßnahmen“ – gemeint sind selbstverständlich weitere Entlastungen für Unternehmen. Dass ausgerechnet jene Organisationen applaudieren, die seit Jahren niedrigere Abgaben, geringere Lohnkosten und staatliche Hilfen für die Industrie verlangen, sagt mehr über den Charakter der Maßnahme aus als jede Regierungserklärung.
Im Sinne von Lenin „Sag mir, wer dich lobt, und ich sage dir, was du falsch machst“ wird hier deutlich, wessen Interessen im Zentrum stehen. Während Haushalte mit ein paar Euro im Monat abgespeist werden, bleibt die strukturelle Unterstützung der Wirtschaft unangetastet und soll sogar ausgeweitet werden. Die angebliche Inflationsdämpfung entpuppt sich damit als Nebeneffekt, nicht als Ziel. Ziel ist es vielmehr, den Standort zu entlasten und den Unternehmen Profite zu sicher, während die Mehrheit der Menschen weiterhin mit einer immer leerer werdenden Geldbörse zurechtkommen muss.
Quelle: ORF





















































































