In Wien herrscht großer Mangel an Tagesmüttern und Tagesvätern. Durch die Krise(n) hat sich der Grundstock halbiert, während der Bedarf stieg. Hundert Stellenangebote sind für Tageseltern in Wien ausgeschrieben.
Wien. In den vergangenen zwei Jahren ist die Zahl der fix angestellten Tagesmütter und Tagesväter um die Hälfte geschrumpft. Ihre Arbeitskraft stellt aber eine große Notwendigkeit dar, da Reproduktionsarbeit im Kapitalismus ins Private verschoben wird. Tageseltern werden außerdem für die Betreuung von Kindern mit Behinderung zumeist bevorzugt.
Anita Koppenhofer-Kaufmann, Leiterin der Kinderbetreuung beim Wiener Hilfswerk, führt den dramatischen Mangelzustand auf die Covid19-Pandemie zurück. In dieser Zeit hätten sich die Familienverhältnisse durch Trennungen oder auch nur durch die Verlagerung ins Home-Office stark geändert:
„Es gab Trennungen und Scheidungen. Der Arbeitsplatz des Ehepartners hat sich ins Homeoffice verlagert. Es ist natürlich schwierig, wenn der Ehepartner zu Hause ist und seine Ruhe haben will, und daneben kreischen fünf Tageskinder. Das funktioniert nicht so gut“, so Koppenhofer-Kaufmann.
Beim Wiener Hilfswerk werden derzeit 20 bis 30 Tageseltern gesucht. Daneben suchen aber auch die Volkshilfe und der Verein Eltern für Kinder händeringend nach Arbeitskräften. Insgesamt sind 100 Stellen für Tageseltern ausgeschrieben. Die Nachfrage steigt aus dem einfachen Grund, dass Kinderkrippen und Kindergärten sehr oft lange Wartelisten haben. Umgekehrt ist es laut Koppenhofer-Kaufmann wiederum so, dass dort, wo neue Standorte eröffnet werden, auch weniger Bedarf besteht.
Der Widerspruch von Arbeitskräftemangel bei gleichzeitiger Arbeitslosigkeit wird im Kapitalismus immer fortbestehen. Schlechte Bezahlung für systemrelevante Berufe, fehlende Infrastruktur und die Absenz staatlicher Eingriffe bei lebenswichtigen Themenbereichen sind nur einige der Symptome eines kranken Systems, das von Grund auf geändert gehört.
Quelle: ORF