Rund um Corona sind viele ansonsten wenig beachtete Arbeitsbereiche in die öffentliche Aufmerksamkeit gerutscht. Wenngleich dies an den realen Beschäftigungsbedingungen und den materiellen Verhältnissen nichts ändert. Ein Bereich, der auch während Corona trotz seiner großen Bedeutung im Hintergrund blieb, war die Reinigungsbranche.
Dieser Betrag ist bereits im ersten Halbjahr 2020 in der Printausgabe der Zeitung der Arbeit erschienen.
Die Kolleginnen und Kollegen in der Reinigungsbranche haben dafür gesorgt, dass ganze Universitäten desinfiziert wurden und Infrastruktur ebenso wie Fabriken und vieles mehr weiter genutzt werden konnte. Die einzige Meldung, die der Autorin zu dieser Zeit unterkam, war, dass eine Reinigungskraft in Wels am Bahnhof sogar angespuckt wurde, da sie auf Sicherheitsabständen bestand und den Lift alleine nutzen wollte.
Unsichtbare Arbeit
Dass dieser Beruf nur wenig Aufmerksamkeit bekommt, ist kein Zufall, sondern hängt damit zusammen, dass durch bestimmte Arbeitszeiten diese Arbeit in vielen Bereichen unsichtbar gemacht wird. Dies geschieht mehrheitlich durch sogenannte Split Shift – also geteilte Dienste. Das bedeutet, dass die Beschäftigten einmal am Morgen kommen und i.d.R. zwischen 6.00 und 8.00 Uhr den ersten Teil der Schicht erledigen, also bevor die Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer der Bürokomplexe, Universitäten, etc. ihre Dienste antreten oder Vorlesungen besuchen. Den zweiten Teil der Schicht erledigen die mehrheitlich migrantischen Kolleginnen und Kollegen dann, wenn die Mehrheit wieder weg ist, d.h. zwischen 18.00 und 20.00 Uhr, sodass keine Nachtzuschläge gezahlt werden müssen, es aber wie von Zauberhand immer sauber bleibt. Diese geteilten Dienste haben arbeitssoziologischer Forschung zufolge massive Auswirkungen auf das Leben der Beschäftigten, da es quasi nicht mit einem Sozial- oder Familienleben vereinbar ist, es wird sogar von Vereinsamung berichtet. Alternativ wird vor 9.00 Uhr gearbeitet. Dienste zu gesellschaftlichen „regulären“ Arbeitszeiten gibt es hingegen kaum. Deswegen ist in diesem Bereich unfreiwillige Teilzeit auch weit verbreitet. Ingesamt arbeiten in Österreich zwischen 52.000 und 65.000 Personen, mehrheitlich Frauen und Migrantinnen, in der Reinigungsbranche.
Wenig Geld und herabgesetzte Beschäftigungsstandards
Reinigungsdienste waren einer der ersten Bereiche, die von großen Konzernen ausgelagert wurden, um Kosten zu reduzieren. Beschäftigungsstandards wurden in diesem Kontext herabgesetzt und die Reinigungsbranche gilt als Vorreiter der Flexibilisierung und Deregulierung. Es wird versucht, Personalkosten zu sparen, „etwa über Billigangebote und Arbeitsverdichtung“ oder auch betrügerische Praktiken bei einigen Reinigungsanbietern (S. 83). Diese Praktiken haben auch zur Folge, dass die Löhne in diesem Bereich nach Angaben der Beschäftigten kaum fürs Leben reichen. In Studien der Arbeiterkammer Wien sowie Oberösterreich attestiert eine Mehrheit der Beschäftigten, dass der Lohn nicht für das Leben ausreiche, wenngleich dieser kollektivvertraglich festgelegt ist. „Die kollektivvertraglichen Stundenlöhne in der Denkmal‑, Fassaden- und Gebäudereinigung betragen 2019 je nach Lohngruppe von 8,98 bis 10,96 Euro brutto. Unterhaltsreinigerinnen, zu denen Büroreinigerinnen gehören, sind dabei in der Lohngruppe 6 – der untersten Lohngruppe – angesiedelt.“ (S. 84) Womit diese Arbeit klar in den Niedriglohnsektor fällt. Die Mehrheit der Beschäftigten geht auch nicht davon aus, dass sie mit ihrer Pension auskommen werden.
Außerdem sind Reinigungskräfte bei der Arbeit mit bestimmten Reinigungsmitteln, die beispielsweise die Haut- oder Atemwege angreifen können, auch spezifischen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken ausgesetzt. Es ist generell eine physisch anstrengende Arbeit, die mit bestimmten Verschleißerscheinungen einhergeht, um nur zwei Beispiele zu nennen. All dies findet wenig Beachtung in der Öffentlichkeit und auch wenig Wertschätzung, wenngleich die Welt ohne diese Leistungen kaum denkbar wäre oder eben viel unangenehmer. Was diejenigen Kolleginnen beseitigen müssen, kann man sich vielfach kaum vorstellen, da es ja unbemerkt passiert. Aber es reicht von Mund-Nasen-Schutzmasken, Handschuhen und Taschentüchern, die in Zeiten von Corona besonders unangenehm sind, bis hin zu benutzten Tampons, Kondomen oder eben nicht sauber hinterlassene Toilette, neben Ekel bergen diese natürlich auch wieder Infektionsquellen. Andere Arbeitszeitregelungen und hierüber eine Sichtbarmachung ebenso wie eine adäquate Entlohnung erscheinen als erste sinnvolle Schritte für eine Anerkennung dieser Arbeit.
Neben der Gebäudereinigung bildet auch die Reinigung von privaten Räumen einen wichtigen Arbeitsbereich. Hier in der Regel als Schwarzarbeit, die ein Zubrot darstellt, jedoch keinerlei soziale Absicherungen mit sich bringen. Dieser Artikel hier kann nur einen Ausschnitt wiedergeben, ist aber ein erster Versuch der Fassbarmachung.
Quelle: Arbeiterkammer Wien / Arbeiterkammer Oberösterreich / Karin Sardadvar / Tips
Die wörtlichen Zitate stammen aus dem Text von Karin Sardavar.