HomeInternationalesBaschkortostan schlägt vor, Kriminelle in die Ukraine zu schicken

Baschkortostan schlägt vor, Kriminelle in die Ukraine zu schicken

Raus aus dem Gefängnis – rein in den Krieg. Das baschkirische Parlament hat der Staatsduma einen Gesetzesentwurf vorgelegt, in welchem eine drastische Strafminderung für Kriminelle vorgeschlagen wird. Im Gegenzug sollen sie auf freiwilliger Basis in den Krieg in die Ukraine geschickt werden. Auch die Gruppe Wagner hat ihre Hände mit im Spiel.

Ufa. Der Staatsduma wurde ein Gesetzentwurf über den Einsatz von Verurteilten an der sogenannten Spezial-Militäroperation in der Ukraine vorgelegt. Die Verfasser der Initiative schlugen vor, das Strafmaß der an der Operation teilnehmenden Kriminellen für die militärischen Einsätze auf Bewährung auszusetzen. Der Einsatz soll später bei der Beurteilung der Strafe auch positiv berücksichtigt werden. Anders ausgedrückt: Baschkortostan hat vorgeschlagen, seine zum Teil bereits zum Kampf ausgebildeten Verbrecher und Schwerverbrecher in den imperialistischen Krieg in die Ukraine zu senden. 

Mehrere zu lebenslanger Haft verurteilte Kriminelle, etwa der Anführer der organisierten Mafiabande Orechowskaja, Sergej Butorin, haben bereits ihren Wunsch geäußert, in Kriegseinsätze geschickt zu werden. Im September 2011 befand ihn das Moskauer Stadtgericht für schuldig, 38 Morde organisiert und eine kriminelle Vereinigung geleitet zu haben. Seitdem sitzt er seine lebenslange Haftstrafe ab. Eine große Anziehungskraft übt der russisch-ukrainische Krieg außerdem auch auf jene Gefangenen aus, die in der Vergangenheit bei russischen Spezialeinheiten gedient haben oder Offiziere waren. Wie die ehemaligen Gefängnisinsassen nach ihrem absolvierten Einsatz wieder zurückgeholt werden sollen, ist eine andere Frage.

Krieg statt Resozialisierung

So sollen für einen Tag auf dem Schlachtfeld zehn Tage im Gefängnis abgerechnet werden. Wird der Soldat bei seinem Einsatz verwundet, entscheidet das Gericht, ob die Strafe weiter verbüßt oder abgemildert wird. Vorbedingung des Kriegseinsatzes ist die freiwillige Einwilligung der Gefangenen. Dem Dokument zufolge, ist der Einsatz im Kriegsgebiet von Personen, die für Sexualdelikte an Minderjährigen unter 14 Jahren verurteilt wurden, nicht möglich – wobei man sich natürlich fragen muss, warum es Vergewaltigern von über 14-Jährigen erlaubt sein soll, auf Menschen losgelassen zu werden. Menschen, die sich in der (auch jüngsten) Vergangenheit als besonders gewalttätig und gefährlich erwiesen haben, sollen nun (wieder-)bewaffnet und in Gebiete geschickt werden, in denen ihnen eine zerbombte wehrlose Zivilbevölkerung gegenübersteht.

Verbrecher, die Verbrecher rekrutieren: Die Wagnergruppe

Die faschistoide Gruppe Wagner (Gruppa Wagnera), die vom Gastrounternehmer Jewgenij Prigoschin gegründet wurde, ist bei diesen Kungeleien mit im Spiel. Anfang September tauchte ein Video auf, in dem ein Mann, der dem russischen Geschäftsmann und Eigentümer von Konkord sehr ähnlich sah, Gefängnisinsassen dazu animierte, an der Militäroperation in der Ukraine im Dienste der Gruppe Wagner teilzunehmen. Mitte September veröffentlichte der Pressedienst von Konkord eine merkwürdige Stellungnahme in den sozialen Medien, in der bestätigt wurde, dass der Mann im Video eine „ungeheure Ähnlichkeit“ mit Prigoschin im Aussehen sowie in der „gut formulierten Rede“ aufweise. Ganz der alte Prigoschin: „Ein Mann, der wie Jewgeni Wiktorowitsch aussieht, erklärt den einfachen Leuten einfache, verständliche Dinge,“ so die Stellungnahme. 

Prigoschin ließ indes nicht lange auf sich warten und der Pressedienst von Konkord veröffentlichte ein Statement von ihm, in welchem er zugab, dass er, „wenn er ein Gefangener wäre“, „davon träumen würde, in die Reihen der Truppen der Spezialoperation einzutreten.“

Ein Beispiel für die Rekrutierung von Schwerverbrechern durch die Gruppe Wagner ist vor kurzem erst an die Öffentlichkeit gelangt. Am 23. September wurde bekannt, dass Igor Kusk, Anführer der kriminellen Gruppe Kuskowski, der eine 23-jährige Haftstrafe in einer Hochsicherheitsgefängnis wegen Mordes verbüßt hatte, im Donbass gestorben sei. Die Witwe des 55-Jährigen berichtete nach seinem Tod, dass er Ramsan Kadyrow (Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien) einen Brief geschrieben habe, in welchem er bat, in die Spezial-Militäroperation eingezogen zu werden. Nach seinem Schreiben meldete sich eine private Militärfirma bei ihnen – gedient hatte er dann, seiner Frau zufolge, in der Gruppe Wagner, ehe er am 6. September an den Folgen eines Schrapnell-Treffers verstarb. Im Zuge seiner Beisetzung wurde der Sarg von einer Kolonne von hundert Fahrzeugen eskortiert. Während der Zeremonie schossen Männer in Uniform mit Maschinengewehren drei Salven in die Luft.

Die Gruppe Wagner, die für Kriegsverbrechen in Syrien und der Ukraine bekanntgeworden ist, wird im linken Diskurs gerne übersehen – lieber (und nicht ganz zu Unrecht) verweist man auf das virulente Problem ukrainischer faschistischer Paramilitärs. So kann man ein Narrativ untermauern, das dem russischen Einmarsch einen „objektiven Antifaschismus“ attestiert. Aber die Gruppe Wagner ist die andere Seite der Medaille in diesem imperialistischen Konflikt. Sie rekrutiert sich aus Mördern und sadistischen Verbrechern, die man zurzeit zu „Patrioten“ (Prigoschin) ummünzt. Im Jahr 2014 konnte Prigoschin schon um die 1000 Kämpfer rekrutieren. Die Kampfkraft der faschistischen Bande hat sich jedoch in den darauffolgenden Jahren kontinuierlich vergrößert. Unbestätigten Meldungen zufolge sollen sich in den Reihen der Gruppe Wagner inzwischen um die 8000 Soldaten tummeln. Es ist ein sehr platter und unwissenschaftlicher Antifaschismus, der diesen buchstäblichen Schergen des Kapitals seine Unterstützung anbietet oder ihren Einfluss in ganz bürgerlicher Manier kleinredet. Es spricht auch Bände über die zurzeit herrschende Atmosphäre in der Russischen Föderation, dass sich der Unternehmer Prigoschin ohne Probleme und ohne Repressalien befürchten zu müssen, als Gründer und maßgeblicher Sponsor der Gruppe Wagner outen konnte. 

Quellen:

Gazeta​.ru / Rbc​.ru / Independent

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