Klagenfurt. Die Caritas Kärnten warnt vor den tödlichen Folgen der Hitzewellen für Menschen ohne Wohnung. Asphalt, Beton und Pflaster speichern die Hitze, Schatten ist rar, klimatisierte Räume bleiben den meisten verwehrt. Im Eggerheim in Klagenfurt entsteht daher ein provisorischer Schutzraum: Im Innenhof finden obdachlose Besucherinnen und Besucher Kühlung und Ruhe. Nach Angaben der Organisation nutzen derzeit rund 90 Menschen täglich das Angebot – eine Frequenz, wie sie sonst eher in den Wintermonaten üblich ist. Viele Stammgäste verlängern an Hitzetagen ihren Aufenthalt auf den ganzen Tag, weil im Hof fast stets ein leichter Wind weht.
Neben dem Aufenthaltsort stellt die Caritas konkrete Hilfsmittel bereit: Wasser, Sonnencreme, Sonnenbrillen und Kopfbedeckungen sollen Dehydrierung und Hitzeschäden verhindern. Isomatten und Sommerschlafsäcke werden ausgegeben, damit Betroffene nicht direkt auf aufgeheizten Flächen liegen müssen. Für Menschen ohne gesicherten Wohnraum bedeutet eine Hitzewelle damit weit mehr als Unbehagen – sie wird zur akuten Gesundheits- und Lebensgefahr.
Hitze tötet klassenspezifisch
Die geschilderten Fakten verweisen auf einen strukturellen Widerspruch: Während sich zahlungskräftige Teile der Gesellschaft in Wohnungen, Büros oder Pools abkühlen, sind die Ärmsten der Hitze im öffentlichen Raum schutzlos ausgeliefert. Die Klimakrise trifft nicht „alle gleich“, sie folgt den Grenzen von Eigentum, Einkommen und Zugang zu Infrastruktur. Versiegelte Städte, profitorientierte Boden- und Wohnungspolitik sowie die Externalisierung sozialer Kosten machen aus Hitzewellen Klassenevents – mit vorhersagbaren Opfern.
Wohlfahrtsträger wie die Caritas füllen die Lücken, die eine politisch erzeugte Knappheit hinterlässt: zu wenig leistbarer Wohnraum, zu wenig niedrigschwellige Kühl- und Aufenthaltsmöglichkeiten, zu wenig Trinkwasserstellen und Beschattung im Quartier. Dass eine kirchliche Organisation Isomatten verteilt, damit Menschen nicht auf heißem Asphalt schlafen müssen, ist menschlich richtig – und zugleich ein Menetekel für ein System, das elementare Bedürfnisse der Reproduktion von Arbeits- und Lebenskräften an Spenden, Ehrenamt und Nothilfe auslagert.
Die Caritas zeigt, was sofort möglich ist: Wasser, Schatten, Schutz. Politisch geboten ist jedoch, die Ursachen der Verwundbarkeit abzuschaffen: Wohnungsnot, verfehlte Stadtplanung und ein Sozialstaat, der Verantwortung an Nothilfe delegiert. Solange das Kühlen privatisiert und die Hitze sozialisiert, bleibt der Innenhof des Eggerheims ein Schutzraum – und zugleich ein Anklageort gegen eine Ordnung, die im Sommer die Falschen schwitzen und die Ärmsten sterben lässt.
Quelle: ORF