St. Florian am Inn. Am Mittwoch stoppte die Polizei auf der B137 bei St. Florian am Inn einen 45-jährigen Lkw-Fahrer aus Bosnien. Was dabei ans Licht kam, ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck der brutalen Arbeitsbedingungen im europäischen Transportgewerbe.
Der Fahrer war nicht nur mit überhöhter Geschwindigkeit und trotz Fahrverbots unterwegs. Die Kontrolle zeigte gravierende Mängel an der Verkehrssicherheit: stark verschlissene Bremsscheiben, verrostete Schraubverbindungen. Doch am schwersten wogen die Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten: Dutzende Male hatte er Pausen missachtet, einmal sogar unglaubliche 37 Stunden ununterbrochen hinter dem Steuer. Dazu kam, dass er immer wieder ohne Fahrerkarte fuhr – ein klarer Hinweis darauf, wie systematisch ohnehin geringen Arbeitsschutzregeln im Transportgeschäft unterlaufen werden.
Als Begründung gab der Fahrer an, sein Betrieb habe im letzten Jahr hohe Verluste erlitten, weshalb er gezwungen sei, alles zu tun, um die Firma wieder rentabel zu machen.
Systematischer Zwang zur Gesetzesübertretung
Auf den ersten Blick scheint dieser Fall die Verantwortung eines einzelnen, „unvernünftigen“ Fahrers zu sein. In Wahrheit zeigt er jedoch den mörderischen Druck, der auf Beschäftigten im Transportwesen lastet. Der internationale Konkurrenzkampf zwingt Speditionen dazu, Kosten immer weiter zu drücken. Fahrer – oft aus Osteuropa – arbeiten zu Hungerlöhnen, haben kaum sozialen Schutz und stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis, das sie in die Gesetzesübertretung treibt.
Die offiziellen Ruhezeiten existieren auf dem Papier, doch in der Realität werden sie systematisch unterlaufen. Wer sich weigert, verliert schnell den Job. Wer mitmacht, riskiert sein Leben – und das der anderen Verkehrsteilnehmerinnen.und ‑teilnehmer.
Profite auf Kosten von Mensch und Sicherheit
Während Polizei und Behörden Anzeigen erstatten, bleibt das eigentliche Problem unangetastet: Ein Transportsektor, der im Dienste des Profits Arbeitskräfte verheizt. Die Kosten für Lkw-Transporte werden im „freien Markt“ bis zum Äußersten gedrückt – bezahlt wird mit der Gesundheit der Fahrer und der Sicherheit auf den Straßen.
Dass der kontrollierte Fahrer ausgerechnet angab, durch Gesetzesbrüche die Verluste seiner Firma ausgleichen zu müssen, macht die Absurdität deutlich: Menschenleben und Sicherheit werden dem Profitstreben geopfert
Ein System, das Profite über Menschen stellt, erzeugt zwangsläufig Arbeitsbedingungen, die krank machen und töten.
Quelle: OÖNachrichten