Vor Beginn der Wintersaison schlägt die Gewerkschaft vida Alarm: Immer mehr Beschäftigte im heimischen Tourismus würden von ihren Arbeitgebern All-In-Verträge angeboten bekommen. Dabei handelt es sich um Arbeitsverträge, bei denen mit einem Pauschalentgelt sämtliche Zulagen, Zuschläge und insbesondere Überstunden abgegolten sein sollen.
„All-in-Verträge sind oft eine Mogelpackung“, warnt Bernhard Pehart, Landessekretär der Gewerkschaft vida Tirol. Für viele Beschäftigte seien solche Vereinbarungen kaum nachvollziehbar und im Ergebnis ein Nachteil: „Es kommt immer wieder vor, dass in Verträgen nicht nur Überstunden inkludiert sind, sondern sogar Pausen, Wochenruhezeit oder gesetzliche Lohnerhöhungen. Das geht nicht.“
Gewerkschaft rät zu Vorsicht
Laut vida wenden sich derzeit vermehrt Beschäftigte an die Gewerkschaft, um ihre Verträge prüfen zu lassen. Gerade Saisonkräfte im Tourismus seien von den Pauschalvereinbarungen betroffen. „Wir raten allen Beschäftigten, genau hinzusehen, Arbeitszeiten selbst zu dokumentieren und Verträge vor der Unterschrift bei uns prüfen zu lassen“, so Pehart.
Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die GPA kritisieren All-In-Verträge scharf. Sie fordern klare Hinweise im Arbeitsvertrag auf die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze sowie transparente Berechnungen, die für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nachvollziehbar machen, ob Überstunden ordnungsgemäß abgegolten werden.
Rechtliche Lage
Grundsätzlich sind All-In-Vereinbarungen in Österreich zulässig. Bedingung ist jedoch, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Pauschale nicht schlechter gestellt werden, als wenn ihre Mehrleistungen einzeln abgerechnet würden. Arbeitgeber müssen dazu eine sogenannte Deckungsprüfung vorlegen. Stellt sich heraus, dass das All-In-Gehalt niedriger ist, besteht Anspruch auf Nachzahlung.
Ein Beispiel zeigt, wo Konflikte entstehen können: Muss eine Mitarbeiterin wegen familiärer Verpflichtungen früher gehen, darf sie nicht gezwungen werden, jede theoretisch vom Vertrag abgedeckte Überstunde zu leisten. Zudem gilt: Werden mehr Überstunden erbracht, als im Pauschale enthalten, müssen diese zusätzlich vergütet werden.
Wirtschaftskammer verteidigt Modell
Von Intransparenz könne keine Rede sein, betont hingegen der Obmann der Tiroler Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, Alois Rainer. „Der Grundlohn für die Normalarbeitszeit muss im Vertrag angegeben werden. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat eine All-In-Vereinbarung sogar Vorteile“, so der Hotelier. Etwa würden Überstunden auch dann bezahlt, wenn sie nicht geleistet werden, und dienten als Grundlage für Sonderzahlungen und Entgeltfortzahlungen.
Rainer verweist zudem auf die gesetzlich geregelten Höchstgrenzen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit: „Für die Arbeitgeber sind die geltenden Gesetze maßgeblich, daran hat sich jeder zu halten.“
Zwischen Flexibilität und Risiko
Während All-In-Verträge für Führungskräfte mit hohen Gehältern oft sinnvoll sein können, sehen Gewerkschaften sie für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen kritisch. Zu oft führe die pauschale Abgeltung zu Lohndumping und Druck auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Gewerkschaft vida appelliert daher besonders an Saisonkräfte im Tourismus, Verträge nicht vorschnell zu unterschreiben: „Am Ende muss jede und jeder selbst entscheiden. Aber man sollte seine Rechte kennen und genau hinschauen.“