Gusen. Während in Sonntagsreden von „Nie wieder“ gesprochen wird, tauchte in Langenstein ein Stück der faschistischen Mord- und Ausbeutungsmaschinerie als scheinbar gewöhnliches Immobilienobjekt im Internet auf: das ehemalige Häftlingsbordell des Konzentrationslagers KZ Gusen. „Für Personen geeignet, die ein Gebäude mit Geschichte suchen“, hieß es im Inserat – ein Zynismus, der kaum zu überbieten ist. Geschichte, die hier verkauft werden sollte, ist die Geschichte systematischer sexueller Gewalt, Zwangsprostitution und der völligen Entrechtung von Gefangenen des NS-Terrors.
Erst durch einen Bericht der Oberösterreichische Nachrichten wurde das Inserat öffentlich bekannt. Die Sprecherin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen bestätigte, dass man vergangene Woche davon erfahren habe. Kurz darauf wurde das Inserat offline gestellt.
Das Gebäude ist bis heute Teil eines Wohngebietes. Dass in einem der zentralen Tatorte des industrialisierten Massenmords im ehemaligen Lager Gusen Wohnhäuser errichtet wurden, ist selbst Ausdruck der jahrzehntelangen Verdrängung. Rund 71.000 Menschen waren dort interniert, etwa die Hälfte von ihnen wurde ermordet. Das Bordell wurde 1942 eingerichtet. Zehn Frauen aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück wurden regelmäßig gezwungen, als sogenannte „Vergünstigung“ für ausgewählte männliche Häftlinge zur Verfügung zu stehen. Es war sexualisierte Gewalt als Bestandteil des Lagersystems – organisiert, kalkuliert und in den mörderischen Produktionsapparat eingebettet.
Der Bordellbesuch war streng reglementiert, an formelle Gesuche gebunden und nur jenen möglich, die von der SS durch Prämienscheine begünstigt wurden. Auch hierin zeigte sich die kalte Logik des Systems: selbst sexuelle Gewalt wurde in Leistungsanreize übersetzt. Wie viele Frauen diese Torturen letztlich nicht überlebt haben, ist bis heute nicht belegbar.
In der jüngst präsentierten Erweiterung der Gedenkstätte Gusen ist dieses Gebäude bisher nicht enthalten. Die Direktorin der Gedenkstätte erklärte, man müsse die neue Situation nun bewerten, gemeinsam mit Historikern, Überlebensverbänden, dem Innenministerium und den Anrainern. Gleichzeitig verwies sie darauf, dass das „Faktum, dass hier Menschen wohnen“, in die Neugestaltung einfließen solle. Diese Formulierung klingt nüchtern – und verdeckt doch, wie skandalös normalisiert dieser Ort des Grauens über Jahrzehnte behandelt wurde.
Dass ein ehemaliges KZ-Bordell heute als „denkmalgeschütztes Objekt mit Geschichte“ feilgeboten werden kann, zeigt brutal, wie weit die Entpolitisierung und Kommerzialisierung der Erinnerung bereits fortgeschritten ist. Was hier als charmante Besonderheit verkauft werden sollte, ist in Wahrheit ein Tatort sexualisierter Gewalt, ein Baustein des NS-Vernichtungsapparates. Die Logik des Marktes kennt keine Pietät: Was sich verkaufen lässt, wird verkauft – selbst das Erbe der Barbarei.
Quelle: ORF













































































