Während Millionen Menschen vor Bomben fliehen, in Ruinen hausen oder in Schützengräben verenden, klingeln in den Vorstandsetagen der Waffenindustrie die Kassen. Laut dem aktuellen Bericht des Stockholmer Institut für Internationale Friedensforschung (SIPRI) erzielten die 100 größten Rüstungskonzerne im vergangenen Jahr historische Rekordprofite: 679 Milliarden US-Dollar Umsatz, ein Plus von 5,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Blutgetränkte Dividenden, finanziert aus den Kriegen in der Ukraine, im Gazastreifen und aus den weltweit eskalierenden geopolitischen Spannungen.
Führend bleibt – wenig überraschend – der US-Imperialismus. 39 der 100 größten Rüstungskonzerne haben ihren Sitz in den USA und vereinen 334 Milliarden Dollar Rüstungsumsatz auf sich, also fast die Hälfte des weltweiten Marktes. An der Spitze thront weiterhin Lockheed Martin, gefolgt von RTX und Northrop Grumman.
Erstmals ist auch das Unternehmen von Multimilliardär Elon Musk in den Top 100 vertreten. SpaceX, bislang vor allem für Raketenstarts im zivilen Gewand bekannt, verdoppelte seine Rüstungseinnahmen binnen eines Jahres auf 1,8 Milliarden Dollar. Der Traum vom Mars wird offenbar nahtlos ergänzt durch das Geschäft mit der Zerstörung auf der Erde.
Auch Europa wittert Morgenluft im Schatten des Krieges. Die 26 erfassten europäischen Rüstungskonzerne steigerten ihre Umsätze um satte 13 Prozent auf 151 Milliarden Dollar. Besonders eifrig trat Deutschland auf: Rheinmetall, Diehl, ThyssenKrupp Marine Systems und Hensoldt legten zusammen um 36 Prozent auf 14,9 Milliarden Dollar zu. Vor allem Rheinmetall profitierte massiv mit einem Plus von 47 Prozent auf 8,2 Milliarden Dollar und kletterte auf Rang 20 der weltgrößten Waffenschmieden. Während in deutschen Städten über soziale Kürzungen diskutiert wird, expandieren Munitions- und Panzerfabriken im Akkord.
Auch Russland und die Ukraine erhöhen unter Kriegsbedingungen ihre Rüstungsproduktion rasant. Das ukrainische Staatsunternehmen steigerte seine Einnahmen um 41 Prozent auf drei Milliarden Dollar. Die russischen Konzerne Rostec und United Shipbuilding erhöhten ihre Umsätze gemeinsam um 23 Prozent auf 31,2 Milliarden Dollar.
Besonders perfide ist die Entwicklung in Israel: Das völkermörderische Vorgehen im Gazastreifen ließ die Umsätze der drei israelischen Rüstungskonzerne um 16 Prozent auf 16,2 Milliarden Dollar steigen. Trotz weltweiter Kritik an den Kriegsverbrechen in Gaza reißt die internationale Nachfrage nach israelischer Militärtechnik nicht ab. Staaten bestellen Drohnen, Lenkwaffen und Überwachungssysteme, während in Gaza ganze Stadtviertel ausgelöscht werden.
Selbst die leisen Zweifel des Kapitals sind rein technischer Natur: In den USA gibt es laut SIPRI Verzögerungen beim F‑35-Kampfjet, bei Columbia-U-Booten und der neuen Interkontinentalrakete Sentinel – wegen Budgetüberschreitungen und Produktionsproblemen. Nicht die moralische Katastrophe des Krieges bereitet Sorge, sondern nur die Frage, ob die neuen Tötungsmaschinen rechtzeitig einsatzbereit sind.
Greenpeace bringt es unfreiwillig treffend auf den Punkt: Europa werde zum neuen „Hotspot der Aufrüstung“. Während die Umsätze in China sanken und jene in den USA nur moderat wuchsen, explodierten sie in Europa förmlich. Der Kontinent der zwei Weltkriege rüstet wieder auf, als hätte er aus seiner eigenen Geschichte nichts gelernt – oder vielmehr: Als hätte das Kapital sehr wohl gelernt, dass sich mit Krieg blendend verdienen lässt.
Diese Rekordzahlen sind das Ergebnis einer Weltordnung, in der Sicherheit nicht durch soziale Gerechtigkeit, Diplomatie oder Abrüstung definiert wird, sondern durch die Fähigkeit, maximalen militärischen Schaden anzurichten. Jeder Prozentpunkt Wachstum der Rüstungsindustrie bedeutet in Wahrheit mehr Zerstörung, mehr Tote, mehr Vertriebene – aber eben auch mehr Profite.
Quelle: ORF















































































