HomePolitikUKH Lorenz Böhler wird zugrunde gerichtet

UKH Lorenz Böhler wird zugrunde gerichtet

In trauter Eintracht arbeiten Bundesregierung und Wiener Landesregierung offenbar am Ende des Lorenz Böhler-Spitals. Schon ganz grundsätzlich, aber insbesondere in Zeiten einer globalen Krankheitsepidemie erscheint das weitere Kaputtsparen des österreichischen Gesundheitswesens als irrational und verantwortungslos.

Wien. Am Lorenz Böhler-Unfallkrankenhaus in Wien-Brigittenau (20. Bezirk) soll es zu gravierenden Einsparungen und somit zum Abbau von medizinischen Kapazitäten kommen. Konkret soll mit 1. Oktober laufenden Jahres der Schockraum geschlossen werden, was bedeutet, dass keine Schwerverletzten mehr behandelt werden können. Die Zahl der Intensivbetten wird von acht auf sechs reduziert, die durchgängige Anwesenheit eines Arztes/einer Ärztin ist nicht mehr vorgesehen. Die Beatmung von Patientinnen und Patienten wird nur noch für 48 Stunden möglich sein. Heinz Brenner, Oberarzt am UKH Lorenz Böhler und Sprecher der Fachgruppe der Unfallchirurgen in der Wiener Ärztekammer bewertet diese Pläne folgenermaßen: „Medizinisch gesehen für mich als Arzt ist diese Entscheidung Wahnsinn.“ In einem offenen Brief der Ärzteschaft wird die Befürchtung geäußert, „dass es zu einer akuten Gefährdung unserer Patienten kommen wird, wenn wir nicht ausreichend Kapazität haben.“

Wichtiger Standort wird ruiniert

Tatsächlich werden im Böhler-Spital rund 25 Prozent aller Unfallpatienten in Wien behandelt. Da es in Niederösterreich und im Burgenland jedoch keine AUVA-Unfallkrankenhäuser gibt, geht das Einzugsgebiet deutlich über die Bundeshauptstadt hinaus: In Summe leben in der Gesamtregion an die vier Millionen Menschen, was immerhin die Hälfte der österreichischen Bevölkerung ausmacht. Bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt sowie den zuständigen Regierungsressorts (Gesundheits- und Finanzministerium) ist man offenbar der Ansicht, dass es diese medizinische Versorgungssicherheit nicht braucht. Schon vor zwei Jahren war das UKH Lorenz Böhler mit dem UKH Meidling (12. Bezirk) zum AUVA-Traumazentrum Wien zusammengefasst worden, nun soll der Brigittenauer Standort offensichtlich herabgestuft und in seiner Leistungsfähigkeit reduziert werden. Mit im Spiel bei der schrittweisen Zugrunderichtung des Lorenz Böhler-Spitals ist auch die SPÖ-geführte Stadt Wien: Das UKH im Norden soll in ein „Ambulanzzentrum“ verwandelt werden, unfallchirurgische Kapazitäten ins Donauspital (22. Bezirk) abwandern.

Wahnsinn mit System

Der von Unfallchirurg Heinz Brenner angesprochene „Wahnsinn“ hat allerdings System: Seit Jahren oder sogar Jahrzehnten werden von allen Regierungen – egal, ob SPÖ, ÖVP, FPÖ oder Grüne beteiligt sind – Einsparungen im Gesundheitssystem forciert, der Abbau von Spitalsbetten, die Reduzierung von Personal und die völlige Schließung von Abteilungen oder gar ganzen Standorten. Offenbar ist man der Ansicht, dass Krankhäuser bzw. das gesamte öffentliche Gesundheitswesen wie kapitalistische Unternehmen zu führen seien und zu funktionieren haben, wobei die Gesundheit und die sichere medizinische Versorgung der Menschen natürlich auf der Strecke bleiben. Dieses gezielte Kaputtsparen ist schon grundsätzlich höchst fahrlässig und verantwortungslos, denn hier wird mit Leben gespielt – nur um ein paar Budgetposten einzusparen. Man hätte hoffen wollen, dass wenigstens die Corona-Pandemie zu einem Umdenken bei den verantwortlichen Politikern und Managern führen könnte, doch da hat man sich getäuscht: Der Kapitalismus sorgt sich eben nur um Profite, nicht um die Gesundheit, die medizinische Versorgung und das Überleben der Bevölkerung. Nur wenig könnte deutlicher zeigen, dass dieses System menschenverachtend und am Ende ist.

Quelle: ORF

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