Was als künstlerisches Experiment begann, endet als politische Farce: Jan Böhmermanns Ausstellung „Die Möglichkeit der Unvernunft“ im Berliner Haus der Kulturen der Welt (HKW) verliert ihr musikalisches Begleitprogramm. Nachdem der Rapper Chefket mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert wurde, sagten erst die Veranstalter seinen Auftritt ab – und schließlich traten aus Solidarität Anfang Oktober weitere Musikerinnen und Musiker von dem Event zurück. Der Fall zeigt beispielhaft, wie in Deutschland jede öffentliche Äußerung zur Situation in Palästina zum Politikum wird – und wie schnell künstlerische Stimmen, die Empathie mit dem palästinensischen Volk zeigen, zum Schweigen gebracht werden.
Politischer Druck statt künstlerischer Freiheit – Chefket äußert sich
Ausgelöst wurde die Affäre durch Wolfram Weimer, Kulturstaatsminister im CDU-geführten Ressort und Mitglied des HKW-Aufsichtsrats. In einem offenen Brief verurteilte er den geplanten Auftritt Chefkets am 7. Oktober – dem Jahrestag des Hamas-Angriffs – als „Provokation“. Anlass war ein Foto, auf dem der Rapper ein Trikot trägt, das das historische Palästina zeigt – ohne die heutigen Grenzen Israels. Was folgte, war eine öffentliche Kampagne: Medien griffen die Anschuldigung des „Antisemitismus“ auf, Böhmermann und die Veranstalter knickten ein, und der Auftritt wurde kurzfristig gestrichen.
Dass die Entscheidung nicht aus der Kunst heraus, sondern unter politischem Druck fiel, ist offensichtlich. Denn wie Chefket im Interview mit dem Spiegel klarstellt: „Ich sehe da keinen Antisemitismus. Ich sehe auch in meiner Solidarität mit Palästina keinen Antisemitismus.“
Sein Verweis darauf, dass Solidarität mit den Unterdrückten nicht gleich Feindseligkeit gegenüber Jüdinnen und Juden bedeute, wurde von offiziellen Stellen ignoriert. Statt einer offenen Diskussion über die Grenzen künstlerischer Freiheit erleben wir eine staatlich beförderte Moralisierung, die politische Deutungshoheit über Kunst beansprucht. Böhmermann als vermeintlich Linker kritische Comedian bewies jedenfalls auch, welch Stütze des Systems er ist.
Solidarität gegen Einschüchterung
Bemerkenswert ist die Reaktion der anderen Künstlerinnen und Künstöer. Das Duo Blumengarten, ebenso wie Domiziana, Mine, Die P, Ebow und andere, sagten ihre Auftritte ab – teils mit klaren Worten gegen staatliche Einflussnahme.
Blumengarten schrieb: „Wir finden es nicht richtig, wie Künstler*innen (in dem Fall Chefket) und Veranstalter*innen von Politik (in dem Fall das CDU-geführte Kulturministerium unter Wolfram Weimer) und manchen Medien gezielt unter Druck gesetzt werden, weil Künstler*innen auf die untragbare Situation in Palästina aufmerksam machen und ihre Solidarität mit der leidenden Zivilbevölkerung ausdrücken.“
Diese Solidarität ist ein wichtiges Signal in Zeiten, in denen Antisemitismusvorwürfe zunehmend zur Waffe politischer Disziplinierung werden. Wer die israelische Regierungspolitik kritisiert oder Empathie mit palästinensischen Opfern zeigt, wird moralisch isoliert, gecancelt oder ökonomisch bestraft – ob in der Kunst, in Universitäten oder in der Zivilgesellschaft.
QUelle: Hipho.de/Hiphop.de