In der Ortschaft Turmus Ayya in der besetzten Westbank haben israelische Siedler palästinensische Olivenerntehelfer und internationale Aktivisten brutal angegriffen. Videos zeigen maskierte Männer, die auf Erntehelfer einschlagen und Autos in Brand setzen. Die Vereinten Nationen warnen vor einem drastischen Anstieg der Siedlergewalt während der laufenden Erntesaison.
Ramallah. In der von Israel besetzten Westbank ist es am Sonntag in der Ortschaft Turmus Ayya zu einem gewaltsamen Übergriff israelischer Siedler auf palästinensische Olivenerntehelferinnen und ‑helfer, sowie internationale Aktivistinnen und Aktivisten gekommen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurde dabei mindestens eine Frau schwer verletzt und ins Krankenhaus gebracht.
Brutaler Angriff auf Erntehelfer dokumentiert
Videos zeigen maskierte Männer, die mit Schlagstöcken auf die Erntehelfer einschlagen. In einem der Videos ist zu sehen, wie ein Angreifer, der offenbar ein jüdisches rituelles Gewand (Tzitzit) trägt, eine am Boden liegende Frau attackiert.
In weiteren Aufnahmen rennen über ein Dutzend Maskierte eine Dorfstraße entlang, verfolgen ein Auto und schlagen mit Stöcken darauf ein. Später sind brennende Fahrzeuge zu sehen.
Nach einem Bericht des israelischen Senders Channel 12 äußerte der Leiter der Polizeieinheit für die Westbank in einer internen Nachricht, das Video der Tat habe ihn „nicht schlafen lassen“ und forderte die Beamten auf, den Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Israels Militär und Polizei reagierten bislang nicht auf Anfragen zu dem Vorfall.
Turmus Ayya: Ein wiederkehrender Brennpunkt der Siedlergewalt
Turmus Ayya, dessen Bevölkerung überwiegend aus palästinensischstämmigen US-Bürgern besteht, ist bereits seit Jahren Ziel von Angriffen durch Siedler. Laut Dorfbeohnerinnen und ‑bewohnern hat die Gewalt seit Beginn des israelischen Kriegs gegen die palästinensische Bevölkerung weiter zugenommen.
Nach der Tötung des 14-jährigen Palästinenser-Amerikaners Amer Rabee durch israelische Sicherheitskräfte im April kommt es regelmäßig zu Protesten gegen die Siedlerübergriffe und die Untätigkeit des Militärs.
UNO: Gewalt durch Siedler auf Rekordniveau
Nach Angaben der Vereinten Nationen hat die Gewalt durch Siedler im Jahr 2025 einen neuen Höchststand erreicht. Allein in der ersten Hälfte des Jahres wurden 757 Angriffe registriert – ein Anstieg um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Während der ersten Woche der laufenden Olivenernte sollen über 150 Attacken und die Zerstörung von mehr als 700 Olivenbäumen gemeldet worden sein, so Muayyad Shaaban, Leiter einer palästinensischen Behörde, die die Vorfälle dokumentiert.
Ajith Sunghay, Leiter des UN-Menschenrechtsbüros in den palästinensischen Gebieten, erklärte, die Gewalt habe „in Ausmaß und Häufigkeit dramatisch zugenommen“. Besonders während der Erntezeit seien palästinensische Bäuerinnen und Bauern zunehmenden Risiken ausgesetzt
Streit um Land und Zukunft der Westbank
In den vergangenen Jahrzehnten entstanden in der Westbank mehr als 100 israelische Siedlungen sowie zahlreiche nicht genehmigte Außenposten, die oft nachträglich legalisiert werden.
Die israelische Regierung hat zuletzt den größten Landraub in der Westbank seit über 30 Jahren genehmigt und den Bau tausender neuer Siedlungseinheiten vorangetrieben, wie die israelische Friedensorganisation Peace Now berichtet. Damit wolle die Regierung ihren Einfluss im Gebiet festigen und die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates weiter erschweren.
Die internationale Gemeinschaft betrachtet die israelischen Siedlungen als völkerrechtswidrig.