Die Waffenlieferungen des Westens an die kriegführende Ukraine gehen weiter, konkrete Zusagen für eine NATO-Mitgliedschaft gibt es aber nicht. Das führte zu einem Wutausbruch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Vilnius. Der in der litauischen Hauptstadt Vilnius unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen tagende NATO-Gipfel wird keine formelle Einladung an die Ukraine aussprechen, dem Bündnis beizutreten. Das geht aus den Aussagen von Vertretern mehrerer Länder, darunter der USA und der BRD, hervor. Ein Entwurf für die Abschlusserklärung der Staatschefs des Kriegsbündnisses sieht nach einem Bericht der Europa-Ausgabe des US-Magazins „politico“ eine sehr unverbindliche Festlegung vor. Die NATO-Verbündeten sagen, dass „wir in der Lage sein werden, eine Einladung an die Ukraine auszusprechen, wenn die Verbündeten zustimmen und die Bedingungen erfüllt sind.“
Selenskyj wütet
Einen unkontrollierten Wutausbruch dürfte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj angesichts dieses Entwurfs für die Abschlusserklärung erlitten haben. Auf Twitter schreibt er: „Es ist beispiellos und absurd, wenn weder für die Einladung noch für die Mitgliedschaft der Ukraine ein Zeitrahmen festgelegt ist. Gleichzeitig werden vage Formulierungen über ‚Bedingungen‘ hinzugefügt, sogar für die Einladung der Ukraine.“ Selenskyj scheint immer noch nicht begriffen zu haben, dass die Versprechungen, die er dem ukrainischen Volk über eine künftige NATO- und EU-Mitgliedschaft gegeben hat, nichts mit der Realität zu tun haben. In seinem Paralleluniversum ist er in den letzten Wochen noch in einigen europäischen Hauptstädten Klinken putzen gewesen, aber hauptsächlich in solchen, die ihm aufgrund ihrer fanatischen Anti-Russland-Politik auf die Schulter klopfen und sich wohl nach einer Kriegsbeteiligung der NATO sehnen.
Tatsache ist jedoch, dass in der NATO in erster Linie das geschieht, was die USA und ihr wichtigster europäischer Verbündeter, die BRD, sagen. Beide hatten schon im Vorfeld angekündigt, dass die Ukraine keine Einladung für einen NATO-Beitritt bekommen wird.
Jedoch wird Wert auf die Feststellung gelegt, dass der Platz der Ukraine in der NATO sei, aber das Wann bleibt offen. Hier dürfte es sich auch um eine künftige Verhandlungsmasse mit Russland handeln, denn wenn die Ukraine zwar durch den auf diesem Gipfel erstmals tagenden NATO-Ukraine-Rat eng an das Bündnis angebunden, aber nicht Mitglied ist, könnte sie formell immer noch einen blockfreien, wenn auch nicht neutralen Status erhalten.
„Die USA und die EU sind der Ansicht, dass das politische, wirtschaftliche, Strafverfolgungs- und Justizsystem der Ukraine tiefgreifende Reformen benötigt, bevor das Land bereit ist, dem Bündnis beizutreten, schreibt die in der Ukraine gesperrte Online-Zeitung „strana“.
Sterben für den Militärisch-industriellen Komplex und die NATO
Angesichts der von der ukrainischen Polit-Elite geschaffenen ukro-nationalistischen Stimmung, die gleichzeitig als „prowestlich“ konditioniert wurde, wird sich nach dem NATO-Gipfel große Enttäuschen breit machen. Auch die angekündigte Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte kam bisher nicht weit, und so wird vielleicht immer öfter die Frage auftauchen, wofür denn die Soldaten an der Front überhaupt sterben. Eine mögliche Antwort wäre: Für den Militärisch-industriellen Komplex der USA und Europas und das Kriegsbündnis NATO, das auf diese Weise und bis zum letzten Ukrainer Krieg gegen Russland führen kann, ohne selbst offizielle Kriegspartei zu sein. In diesem Sinne gehen die Waffenlieferungen munter weiter, die USA wollen ihre bisherige Zusage sogar verdoppeln.
Quellen: politico.eu/Twitter/strana