Im neuen portugiesischen Parlament lösen die Konservativen die Sozialdemokratie als stärkste Fraktion ab. Eine Regierungsbildung ist ohne den rechtsextremen Wahlsieger „Chega!“ trotzdem nicht möglich. Die Kommunisten erreichen einen selbstverschuldeten Tiefpunkt.
Lissabon. Die Parlamentswahl in Portugal erbrachte am 10. März schwierige Konstellationen: Die bislang mit absoluter Mehrheit regierende Sozialistische Partei (PS) verlor im zweistelligen Bereich und kam nur noch auf 28,7 Prozent der Stimmen. Sie stellt damit 77 Abgeordnete im 230 Sitze umfassenden Einkammerparlament, was ein Minus von 43 bedeutet. Damit ging auch der erste Platz knapp an die konservative Opposition verloren: Das Wahlbündnis Demokratische Allianz (AD), das die rechtskonservative „Sozialdemokratische Partei“ (PSD-PPD) anführt, stagnierte zwar, kam aber auf 29,5 Prozent und 79 Mandate.
Der eigentliche Wahlsieger ist die rechtsextreme Liste „Chega!“ („Es reicht!“). Sie legte elf Prozentpunkte zu und erreichte als Drittplatzierte 18,1 Prozent und 48 Sitze. Ebenfalls im Parlament sind die Liberale Initiative (IL, 5,1 Prozent, acht Mandate) und die beiden grünen Parteien „Livre“ (3,3 Prozent, vier Mandate) und PAN (1,9 Prozent, ein Mandat). Links der Sozialdemokratie verloren jene Parteien, die der PS 2015 in die Regierungsverantwortung verholfen hatten. Der EU-linke „Linksblock“ (BE) schaffte mit leichten Verlusten 4,5 Prozent und fünf Mandate.
Ein Debakel setzte es für die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP): Ihr ökosozialistisches Wahlbündnis „Demokratische Einheitskoalition“ (CDU) fiel auf einen historischen Tiefststand von nur noch 3,3 Prozent, weshalb lediglich vier Abgeordnete gestellt werden. Der Abstieg der PCP ist selbstverschuldet: Einst, nach der Nelkenrevolution, eine stolze und große marxistisch-leninistische Partei, die unter Álvaro Cunhal bis zu 20 Prozent der Stimmen erlangte, duldete sie 2015–2019 auf recht prinzipienlose Weise die erste PS-Minderheitsregierung und ermöglichte erst deren absolute Mehrheit 2022. Dafür bekam die PCP bzw. die CDU nun die Rechnung präsentiert: Linksbeliebigkeit und Regierungsunterstützung machten sich nicht bezahlt. Es braucht links der PS eine marxistisch-leninistische Kraft des revolutionären Klassenkampfes, keinen Steigbügelhalter der Sozialdemokratie.
Die Regierungsbildung dürfte sich nun schwierig gestalten. Die bislang regierende PS hat definitiv keine Mehrheit – und auch nicht genügend Verbündete, um eine Minderheitsregierung zu stellen. Die AD hat ihrerseits bislang ausgeschlossen, eine Regierung von Gnaden oder gar mit der Chega zu bilden. Große Koalitionen sind in Portugal generell so gut wie unmöglich. Die Zeichen stehen daher auf relativ baldige Neuwahlen, bis zu denen entweder die PS weitermacht oder eine AD-Minderheitsregierung die Staatsgeschäfte verwaltet – bei jeweils gegenseitiger, limitierter Duldung.
Quelle: ORF / IDCommunism