Der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy ist wegen krimineller Verschwörung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Pariser Gericht ordnete an, dass die Strafe sofort wirksam wird – trotz Berufung. Sarkozy spricht von einem „Skandal“ und beteuert seine Unschuld.
Paris. Ein Pariser Gericht hat den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu fünf Jahren Haft verurteilt – wegen krimineller Verschwörung im Zusammenhang mit der illegalen Finanzierung seines Wahlkampfs 2007 durch libysche Gelder. Der 70-Jährige bestreitet alle Vorwürfe und hat Berufung eingelegt.
Sarkozy ist der erste Präsident der modernen französischen Geschichte, der tatsächlich eine Haftstrafe antreten muss.
Sofortige Vollstreckung trotz Berufung
In einem ungewöhnlichen Schritt entschied das Gericht, dass die Strafe sofort vollstreckt werden soll. Eine Aussetzung bis zur Berufungsverhandlung sei ausgeschlossen, hieß es in der Begründung, „aufgrund der Schwere der Störung der öffentlichen Ordnung, die die Tat verursacht hat“.
Sarkozy wurde eine Frist von 18 Tagen eingeräumt, um sein privates und berufliches Leben zu ordnen. Anschließend soll die Finanzstaatsanwaltschaft den Termin für den Haftantritt festlegen.
Kritik und rechtliche Kontroversen
Sarkozys Anwälte und politische Unterstützer kritisieren die Entscheidung scharf. Da Berufung eingelegt wurde, gelte Sarkozy nach französischem Recht weiterhin als unschuldig.
Ein ähnlicher Fall hatte im März bereits für Aufsehen gesorgt: Die rechte Politikerin Marine Le Pen wurde wegen Veruntreuung von EU-Geldern zu einem fünfjährigen Amtsverbot verurteilt – ebenfalls mit sofortiger Wirkung trotz Berufung.
Das Justizministerium betont jedoch, dass Sarkozy kein Sonderfall sei: 2024 wurden laut Ministerium 90 Prozent aller zu mindestens zwei Jahren Haft verurteilten Erwachsenen unmittelbar inhaftiert.
Libyen-Verbindungen und geheime Treffen
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Sarkozy seine Ämter als Innenminister und Präsidentschaftskandidat zwischen 2005 und 2007 genutzt habe, um „Korruption auf höchster Ebene“ vorzubereiten. Ziel sei es gewesen, Gelder aus Libyen – damals unter dem in der EU nicht mehr so beliebten Muammar al-Gaddafi – für den Präsidentschaftswahlkampf zu erhalten.
Sarkozys enge Vertraute Claude Guéant und Brice Hortefeux sollen geheime Treffen mit Gaddafis Schwager und Geheimdienstchef Abdullah al-Senoussi abgehalten haben. Zudem sah das Gericht Belege, dass Sarkozy Treffen zwischen Guéant und einem Vermittler unterstützte, der geheime Finanztransfers arrangieren konnte.
Sarkozy spricht von „Verschwörung“
Sarkozy weist alle Vorwürfe zurück und bezeichnete das Verfahren als „politisch motiviert“. Er sei Opfer einer „Verschwörung“ durch Personen mit Verbindungen zur libyschen Regierung, insbesondere zum „Gaddafi-Clan“.
Er deutete an, dass die Anschuldigungen eine Reaktion auf seine Rolle im Jahr 2011 gewesen seien, als Frankreich unter seiner Führung militärisch gegen Gaddafi vorging. Sarkozy gehörte zu den ersten westlichen Staatschefs, die sich für ein Eingreifen in Libyen während des Arabischen Frühlings aussprachen.
Teilfreispruch in drei Anklagepunkten
Das Gericht sprach Sarkozy in drei anderen Punkten frei – darunter bei den Vorwürfen der passiven Korruption, der illegalen Wahlkampffinanzierung und der Verschleierung von Unterschlagung öffentlicher Gelder. Es gebe keine Beweise, dass libysche Gelder tatsächlich in seinen Wahlkampf geflossen seien oder ihm persönlich zugutekamen.
Haftbedingungen in La Santé
Sarkozy soll im Pariser Gefängnis La Santé untergebracht werden – dem einzigen Gefängnis der Hauptstadt, in dem auch zahlreiche prominente Häftlinge einsaßen. Aus Sicherheitsgründen wird er voraussichtlich in einem speziellen Bereich für gefährdete oder prominente Insassen untergebracht, umgeben von hohen Sicherheitsstandards.
Nach Informationen des Unternehmers Pierre Botton, eines Freundes Sarkozys, wird der Ex-Präsident voraussichtlich allein in einer Zelle untergebracht, die mit Dusche, Toilette, kleiner Heizung, Kühlschrank und Fernseher ausgestattet ist. Er habe zudem Zugang zu einem kostenpflichtigen Telefon.
Botton, der selbst mehrere Jahre in La Santé inhaftiert war, sprach von einem „gewaltigen Schock“ für jeden Inhaftierten. Sarkozy werde zunächst eine Woche in der Aufnahmeabteilung verbringen, bevor er in den gesicherten Bereich verlegt werde.
Nächste Schritte
Nach seiner Inhaftierung kann Sarkozy einen Antrag auf Freilassung stellen. Das Berufungsgericht hat anschließend bis zu zwei Monate Zeit, über den Antrag zu entscheiden.
Der Berufungsprozess selbst soll zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden – möglicherweise im Frühjahr 2026.
Quelle: AP