Istanbul. Nach 238 Tagen Hungerstreik verstarb die inhaftierte Rechtsanwältin Ebru Timtik in der Nacht auf Freitag vergangener Woche. Sie war in den Hungerstreik getreten, um ein faires Verfahren zu erzwingen, nachdem sie im vergangen Jahr zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden war. Grundlage hierfür bildete Timtiks Tätigkeit im „Rechtsbüro des Volkes“, sie wurde gemeinsam mit 16 Kolleginnen und Kollegen aufgrund der widersprüchlichen Aussagen eines Kronzeugen zu einer Gesamtstrafe von 159 Jahren Haft wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ verurteilt.
Das „Rechtsbüro des Volkes“ verteidigt vielfach Oppositionelle, Opfer von Polizeigewalt und aus politischen Motiven Entlassene. Seine Anwälte übernahmen aber auch Fälle gegen Mitglieder der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP‑C), was der Hintergrund bzw. Vorwand war für den Vorwurf des Innenministers Süleyman Soylu, dass die Juristinnen und Juristen eine wichtige Säule dieser militanten linksradikalen Gruppierung seien.
Im Februar 2020 trat Timtik gemeinsam mit einem Kollegen in den Hungerstreik, den sie im April in ein sogenanntes Todesfasten verwandelte, das nun mit ihrem tatsächlichen Tod endete. Kurz zuvor waren Kolleginnen und Kollegen von „Anwälte für Anwälte“ mahnend an die Öffentlichkeit getreten: „Nach 200 Tagen Hungerstreik machen wir uns große Sorgen um Ebru Timtik und Aytaç Ünsal“ – offenbar zurecht. Die Juristin und Menschenrechtsaktivistin starb nun mit nur mehr 33 Kilogramm Körpergewicht.
Quelle: Junge Welt/Unsere Zeit