Donezk/Luhansk. Die Regierung der Volksrepublik Donezk (DVR) im Osten der Ukraine empfahl der Bevölkerung am Freitag in einer offiziellen Erklärung, nach Russland abzureisen. Die Lage habe sich „drastisch verschärft“. Die ukrainische Armee habe sich bewaffnet und in Kampfformation entlang der Konfliktlinie positioniert. Denis Puschilin, Oberhaupt der DVR, befürchtet einen baldigen Befehl vonseiten der ukrainischen Regierung zur Invasion der Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Aufgrund dieser Gefahr für die Bevölkerung habe die DVR eine Massenabreise nach Russland organisiert, wobei Frauen, Kinder und ältere Menschen Vorrang haben. Kurz danach sprach auch die Volksrepublik Luhansk die Empfehlung zur Abreise nach Russland aus. „Um zivile Opfer zu vermeiden, sind alle Bewohnerinnen und Bewohner dazu angehalten, so schnell wie möglich nach Russland zu gehen“, heißt es in einem offiziellen Statement.
Russland bereitet sich gerade auf die Evakuierung vor: Im Südosten des Landes, rund um die Stadt Rostov, sollen Unterkünfte und Versorgung für die ankommenden Bewohnerinnen und Bewohner der Volksrepubliken bereitgestellt werden. Die Evakuierungspläne würden insgesamt rund 700 000 Menschen umfassen, von denen große Teile Russisch sprechen und bereits über die russische Staatsbürgerschaft verfügen.
Am Freitag kam es laut der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu 591 Verstößen gegen die Waffenruhe. Am Vortag waren es noch 154 gewesen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow wirft der Sonderbeobachtungsmission der OSZE vor, ukrainische Verstöße gegen die Waffenruhe kleinzureden. Am Freitag explodierte in der Nähe eines Regierungsgebäudes in Donezk außerdem ein Auto, wobei es laut Medienberichten aus der DVR jedoch keine Verletzten gab.
Zusätzlich kam es im Vorfeld der Evakuation zu einem erneuten Säbelrasseln vonseiten der NATO und den USA. Estland verkündete, Panzerabwehrwaffen in die Ukraine zu entsenden. Die baltischen Staaten, seit 2004 Mitglieder der NATO, sollen zudem noch stärker militarisiert werden. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda verkündete in einem Video-Statement, dass die entsprechenden Entscheidungen dazu bald getroffen werden würden. Auch Deutschlands Kontingent innerhalb der NATO-Truppen in Osteuropa wurde in höhere Alarmbereitschaft versetzt, verkündete das deutsche Verteidigungsministerium.
Quellen: Al Jazeera/Der Standard