Tel Aviv. Schon seit fast einem Monat gehen Zehntausende im ganzen Land auf die Straße, um gegen die geplanten antidemokratischen Justizreformen und den menschenverachtenden Umgang der Regierung mit der palästinensischen Bevölkerung zu protestieren. Am 21. Jänner beispielsweise versammelten sich mehr als 100.000 Menschen in Tel Aviv.
Nein zur Diktatur
Die Demonstrantinnen und Demonstranten versammeln sich gegen die von der rechten Regierung Israels geplanten Änderungen, die das Justizsystem schwächen sollen. Zuletzt fand eine riesige Kundgebung am Samstag in Tel Aviv statt. Die Protestierenden skandierten „Nein zur Diktatur“ und forderten „Demokratie“.
Nach den Plänen von Justizminister Yariv Levin soll eine Mehrheit im Parlament ein Gesetz verabschieden können, auch wenn es nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs gegen das Grundgesetz verstößt. Der Justizminister will außerdem die Zusammensetzung des Gremiums ändern, das die Richter ernennt. Die Änderungen könnten wiederum Premierminister Benjamin Netanjahu in seinem laufenden Korruptionsprozess in die Hände spielen. In diesem Prozess wird er des Betrugs, der Untreue und der Korruption bezichtigt. Netanjahu wiederum beschwerte sich darüber, dass der Oberste Gerichtshof sich zu stark in politische Entscheidungen einmische. Expertinnen und Experten haben bereits vor einem Ende der Demokratie im Lande gewarnt, sollten die Pläne umgesetzt werden. Ihnen zufolge würde dies die bis dato radikalste Änderung des Regierungssystems in Israel darstellen, sollten die Reformen in Kraft treten. Andererseits ist es auch schwierig, in einem Land, das von Okkupation und Apartheid lebt, überhaupt von Demokratie zu sprechen.
Folgen der Gewalt
Am vergangenen Freitag starben sieben Menschen bei einem Anschlag auf eine Synagoge im besetzten Ostjerusalem. Am Samstag schoss ein 13-Jähriger in der Nähe der Altstadt von Jerusalem auf zwei Israelis und verletzte sie schwer. Am Donnerstag wurden bei einer israelischen Militäroperation in der besetzten Stadt Dschenin neun Palästinenser getötet und Dutzende verletzt worden. Insgesamt haben die israelischen Streitkräfte allein in diesem Monat 32 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet.
Als Reaktion darauf wurden Raketen auf Israel abgefeuert, zu denen sich der palästinensische Islamische Dschihad bekannte. Sie wurden am frühen Freitag von Israels Luftabwehrsystem Iron Dome abgeschossen. Israel führte Luftangriffe auf Orte im Gazastreifen durch, die nach eigenen Angaben von bewaffneten Gruppen wie der Hamas und dem Islamischen Dschihad genutzt werden.
Netanjahus Sicherheitskabinett, das mit Politikern besetzt ist, die der illegalen Siedlungsbewegung im besetzten Westjordanland nahestehen, billigte am Samstag als Reaktion auf die beiden Schussangriffe Strafmaßnahmen gegen die palästinensische Bevölkerung. Das Sicherheitskabinett hat zudem beschlossen, das Haus des Angreifers sofort abzuriegeln, bevor es abgerissen wird. Es plant außerdem die Streichung von Sozialleistungen für die Familien der Angreifer, die Erleichterung des Erwerbs von Waffenscheinen für Israelis und verstärkte Anstrengungen zur Einziehung von Waffen, die es als „illegal“ betrachtet.
Quelle: AJ