St. Pölten. In Vorarlbergs Klassenzimmern zeigt sich die hässlichste Fratze des Krisenkapitalismus: In die Volksschulen kommen Kinder ohne Jause, mit Chips und Limonade statt mit Brot und Apfel. Was als pädagogisches Problem verkauft wird, ist in Wahrheit ein sozialer Offenbarungseid. Die Schuljause zeigt, wie tief die Klassengesellschaft längst in den Alltag unserer Kinder vorgedrungen ist.
Laut einer ORF-Umfrage erscheinen in mehreren Schulen regelmäßig Kinder ohne Essen – in manchen Klassen bis zu zehn Prozent. Andere bringen das billigste mit, was der Supermarkt hergibt. Lehrer nennen es „fehlende Fürsorge“, Politiker reden von mangelhafter „Ernährungsbildung“. In Wahrheit aber ist das nichts anderes als das sichtbare Gesicht der versteckten Armut.
Während in den Supermärkten die Preise explodieren, die Mieten steigen und die Eltern zwischen Überstunden und Zweitjob pendeln, sollen sie gleichzeitig ihre Kinder „bewusst ernähren“. Das ist die zynischste Form der Verantwortung, die der Kapitalismus kennt: Er lässt Menschen verarmen – und erklärt sie dann zu Schuldigen ihrer eigenen Misere.
Wenn Kinder ohne Jause kommen, liegt das nicht an „Nachlässigkeit“, sondern an einem System, das aus Armut Profit schlägt. Österreich ist ein Land, in dem Supermärkte tonnenweise Essen wegwerfen, während Volksschulkinder mit leerem Magen im Unterricht sitzen. Ein Land, das lieber „Ernährungskampagnen“ startet, als existenzsichernde Löhne durchzusetzen.
Selbst die offiziellen Zahlen versuchen zu beschwichtigen: 70 Prozent der Jugendlichen essen regelmäßig Obst oder Gemüse. Doch was ist mit den restlichen 30 Prozent? Wer in einer Wohnung sitzt, in der am Monatsende das Geld fehlt, denkt nicht an Vitamine, sondern an Rechnungen.
Und so verwandelt sich die Schuljause in ein Symbol der Klassengesellschaft: Auf der einen Seite Biomüsli mit Chiasamen, Dinkelbrot und Avocado, auf der anderen leere Brotdosen und Discounterchips. Das ist kein Zufall, sondern Klassenrealität.
Der Kapitalismus lässt Kinder hungern und nennt das dann Eigenverantwortung. In einem Land, in dem Supermärkte tonnenweise Essen wegwerfen, während Schulkinder ohne Jause dasitzen, ist nicht das Verhalten der Eltern das Problem – sondern das System, das Profit über Menschen stellt.
Quelle: ORF




















































































