Die zweitgrößte deutsche Brauerei spart auf Kosten der Angestellten: Nach stetigem Umsatzrückgang wird einer von vier Oettinger-Standorten dicht gemacht, 130 Menschen verlieren ihre Jobs.
Augsburg. Sollte in Deutschland eines interessanten Tages tatsächlich die Automobilindustrie zusammenbrechen, so käme man gefühlsmäßig schon ein bissel in den Bereich der Apokalypse. Doch mit ziemlicher Gewissheit ließe sich diese Art von Weltuntergang, die in Wirklichkeit mehr mit der Weltrettung zu tun hätte, mit chinesischen Elektroautos unterbinden. Man muss es nur zulassen. Doch darum geht es hier und heute nicht.
Der Weltuntergangsalarm des Tages kommt von Stefan Blaschak, CEO des bayerischen Brauereikonzerns Oettinger. Er sorgt sich um das deutsche Bier, das nicht nur als identitätsstiftendes Kulturgut, sondern als kapitalistischer Profitgarant offenbar in der (finalen?) Krise ist. Die Zivilisation, wie wir sie kennen, ist in Gefahr. Die Deutschen trinken zu wenig, im ersten Halbjahr 2025 ist der Markt massiv eingebrochen, um 2,6 Millionen Hektoliter, rund drei Millionen Dosen pro Tag. Kleine Brauereien fallen wie Fliegen von den Wänden, auch die großen werden Probleme bekommen, so Blaschaks Befund am Harmageddon-Schlachtfeld der Brauereipleitewellen.
Oettinger gehört natürlich zu den Big Playern, mit einem Marktanteil von sieben Prozent liegt man auf Rang zwei hinter Kulmbacher. Trotzdem muss die Produktion reduziert werden, womit wir zum eigentlichen Zweck von Blaschaks Horroszenarien kommen: Mit Braunschweig muss einer von vier Oettinger-Standorten schließen. Dort arbeiten momentan noch etwa 130 der insgesamt rund 800 Angestellten. Gut möglich, dass es in weiterer Folge auch am Stammsitz Oettingen (440 Angestellte), in Mönchengladbach (190) oder Walldorf (40) zu Personalabbau kommt.
Statistisch trinken Menschen ohne Beschäftigung mehr Bier als solche mit einem Arbeitsplatz. Wollen wir hoffen, dass Blaschaks Entscheidung nicht auf dieser zynischen Einsicht beruht, sondern auf “normaler” profitgetriebener Schweinerei des Kapitalismus. Die ist ja schlimm genug, aber auch dem Untergang geweiht. Das weiß vermutlich auch Prophet Blaschak. Der letzte Tag der Deutschland AG kommt schon noch. Mit Sicherheit.
Quelle: Der Standard