Im oberösterreichischen Traunviertel vermietet eine Pfarre das Baugerüst an ihrer Kirche zu Werbezwecken – unter anderem an die Volkspartei.
Gmunden. In der oberösterreichischen Gemeinde Roitham am Traunfall (Bezirk Gmunden) wird gegenwärtig die römisch-katholische Pfarrkirche zu St. Jakob renoviert. Das kostet natürlich ein wenig Geld, weswegen die Pfarre entschied, zur Finanzierung das Gerüst um den Westturm mit der neogotischen Spitze für Werbezwecke zu vermieten. Firmen aus der Region konnten also Platz erwerben und entsprechende Transparente anbringen – was auch geschah. In einem Fall ist die Unternehmung jedoch eine politische, denn eines der Werbetransparente trägt die Aufschrift: „Gemeindearbeit auf höchstem Niveau! – OÖVP“.
Freilich ein überaus geistreicher Spruch in der luftigen Höhe eines Kirchturms, doch natürlich sorgt die Angelegenheit für Aufregung, denn die Kirche sollte gegenüber politischen Parteien heutzutage doch tunlichst neutral sein. Die letzte politische Einmischung der katholischen Kirche in Österreich endete in Komplizenschaft mit der ÖVP-Vorläuferpartei bekanntlich im Austrofaschismus 1934–1938. Doch abgesehen vom grundsätzlich nötigen Laizismus stehen in Oberösterreich im kommenden Herbst Landtags- sowie Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen an. Es handelt sich also sogar um ein Wahlplakat der oberösterreichischen Volkspartei, wie durch einen angekreuzten Kreis neben dem Namenskürzel explizit unterstrichen wird.
Der Pfarrer von Roitham sieht das ÖVP-Wahlplakat an seinem Kirchturm offenbar selbst kritisch, gab gegenüber Medien jedoch an, im Finanzausschuss der Pfarre habe es eben eine Mehrheit dafür gegeben. Die zuständige Diözese Linz prüft nun jedenfalls die Angelegenheit und plant klarere Regeln für Parteienwerbung auf Kirchengebäuden – oder hoffentlich gegen solche Werbung. Ob sich das gut sichtbare ÖVP-Transparent bezahlt macht – für die Partei, nicht die Pfarre – wird sich zeigen: In Roitham regiert bisher ein SPÖ-Bürgermeister mit relativer Mehrheit von elf Mandaten im Gemeinderat, die lokale ÖVP kommt auf acht Sitze. Insofern wollte die ÖVP die sozialdemokratische Bastion wohl mit Gottes Hilfe einnehmen – oder doch nur mit schamloser Werbungsplatzierung.
Quelle: ORF