Eisenstadt/Wien. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in einer jüngsten Entscheidung Teile der Regelungen zur Zusammensetzung des ORF-Stiftungs- und Publikumsrates für verfassungswidrig erklärt. Das Höchstgericht ortet „Verstöße gegen das Unabhängigkeits- und Pluralismusgebot“ nach dem Bundesverfassungsgesetz Rundfunk. Diese Entscheidung, die auf einer Beschwerde des Landes Burgenland basiert, hat weitreichende Auswirkungen auf die Medienlandschaft in Österreich.
Der Hauptkritikpunkt des VfGH betrifft den übermäßigen Einfluss der Regierung bei der Besetzung der ORF-Gremien. Im Gegensatz zu den im Parlament vertretenen Parteien und dem Publikumsrat, die jeweils sechs Mitglieder des Stiftungsrates bestellen, ist die Regierung für die Nominierung von neun Räten verantwortlich. Dies führt zu einer unverhältnismäßig großen Gruppe, die das Übergewicht gegenüber den vom Publikumsrat bestellten sechs Mitgliedern hat. Dies, so der VfGH, verstoße gegen die Verfassungsgebote der Unabhängigkeit und des Pluralismus bei der Bestellung und Zusammensetzung der Leitungsorgane des ORF.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die vorzeitige Abberufungsmöglichkeit von Mitgliedern nach Wahlen. Lediglich die sechs Parteienvertreter und die fünf Belegschaftsvertreter im Stiftungsrat sind davon ausgenommen. Diese Regelung wurde vom VfGH ebenfalls beanstandet.
Auch die Bestellungsmodalitäten zum Publikumsrat wurden vom Verfassungsgerichtshof kritisiert. Der Gesetzgeber müsse sicherstellen, dass die von repräsentativen Einrichtungen bestellten Mitglieder im Publikumsrat angemessen vertreten sind, verglichen mit den Mitgliedern, die vom Bundeskanzler oder der Medienministerin ausgewählt werden. Derzeit sei der Spielraum des Bundeskanzlers bei der Wahl zu weit, was zu einer unverhältnismäßigen Beeinflussung der Zusammensetzung des Publikumsrates führe.
Das ORF-Gesetz müsse nun bis März 2025 überarbeitet werden, um den Verfassungsanforderungen gerecht zu werden.
Quelle: ORF