Die jüngsten Entwicklungen in Österreichs Politik haben einmal mehr gezeigt, dass die bürgerlichen Demokratie in Österreich in einer Krise ist. Das Vertrauen in die etablierten Parteien sinkt immer weiter und solche Prozesse, wie das Schauspiel, das FPÖ, ÖVP, SPÖ und Neos seit den Wahlen im September hinlegen, wird dies nicht verbessert haben. Nach dem erneuten Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP stehen die etablierten Parteien vor einem Trümmerhaufen ihrer eigenen Politik. Dabei wird immer deutlicher: Ihre Differenzen sind bloß taktischer Natur, während sie sich letztlich alle in einem Punkt einig sind – der Verwaltung des kapitalistischen Elends, wenngleich dies selbstverständlich in unterschiedlichen Nuancen und Radikalität stattfindet.
Nach den Meldungen seitens der vermeintlichen Expertinnen und Experten von wifo und Co ist klar, dass der Rotstift in jedem Fall angesetzt werden wird. Gespart wird selbstverständlich bei den Lohnabhängigen und nicht bei den Reichen. Die arbeitenden Menschen sollen nun mit Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und Teuerung für die Krisen seit der Pandemie und das sogenannte Budgetloch bezahlen. Ein Loch, das vor allem besteht, weil die Vorgängerregierungen das Geld in den gierigen Rachen der Konzerne gestopft haben. Das kapitalistische System ist nicht für uns „kleine Leute“ gemacht. Es ist das System des großen Geldes.
Das ewige Scheitern der herrschenden Parteien
Seit der Nationalratswahl im September vergeht kaum ein Monat ohne neue Absurditäten in der Regierungsbildung. Erst scheiterten die Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS, nun folgte der Abbruch der Gespräche zwischen FPÖ und ÖVP. Ein politisches System, das angeblich Stabilität gewährleisten soll, wird von seinen eigenen Akteuren in die Handlungsunfähigkeit geführt. Nun entscheidet der Bundespräsident, Optionen sind Neuwahlen, eine Expertenregierung, eine Minderheitsregierung oder doch weitere Gespräche.
All das bedeutet allerdings nicht, dass die bürgerliche Demokratie am Ende wäre. Tatsache ist, dass die bürgerliche Demokratie unterschiedliche Mechanismen zur Verfügung hat, um diese Krise, ohne die faschistische Karte ziehen zu müssen, lösen zu können. Die letzte Krise des Kapitalismus ab 2007/08 hat gezeigt, dass die bürgerliche Demokratie solche Probleme kurzfristig durch sogenannte Expertenregierungen und mittelfristig durch die Schaffung neuer bürgerlicher Parteien und Bewegungen lösen kann. Expertenregierungen sollen dabei den Eindruck erwecken, dass alle Angriffe auf die sozialen und politischen Rechte der arbeitenden Menschen alternativlos sind; schließlich haben sich irgendwelche Expertinnen und Experten darauf geeinigt. Im Zuge der Krise ab 2007 sind in Ländern wie Spanien und Griechenland aber auch eine Reihe neuer Parteien entstanden und andere alte, etablierte Parteien verschwunden. Das politische Personal ist dabei größtenteils ident geblieben. Das ist einfach von der alten zur neuen Partei gewechselt und weiterhin im Parlament vertreten.
Der Streit um Macht, nicht um Inhalte
Die politischen Auseinandersetzungen der letzten Monate erwecken den Eindruck eines tiefen ideologischen Grabens zwischen den Parteien. Doch dieser Schein trügt. Während sich FPÖ und ÖVP um Ministerien und Einflusszonen streiten, sind ihre wirtschaftspolitischen Ansätze nahezu identisch: Sozialabbau, Sparpolitik und die Unterordnung unter kapitalistische Sachzwänge. Der angebliche Unvereinbarkeitskonflikt um das Innenministerium oder das Finanzministerium ist somit vor allem ein Kampf um Kontrolle, nicht um eine grundlegend andere politische Richtung.
Nicht vergessen werden sollte auch, dass die ÖVP sowohl das Finanz- als auch das Innenministerium mit einer Unterbrechung seit Anfang der 2000er Jahre kontrolliert. In beiden Ministerien will man vielleicht auch vermeiden, dass das eigene Personal ausgetauscht wird und über die eigene Praxis etwas ans Licht kommt.
Das bürgerliche Demokratie-Theater
Die etablierten Parteien inszenieren immer neue Scheinkämpfe, während sie alle den Kurs der kapitalistischen Krisenverwaltung weiterfahren. Ob ÖVP, FPÖ, SPÖ, NEOS oder die Grünen – sie alle erkennen die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse als unantastbar an und versuchen lediglich, das System mit kosmetischen Korrekturen am Leben zu halten. Der Fiskalrats-Präsident warnt bereits vor Liquiditätsproblemen, sollten sich die Parteien nicht auf ein Übergangsbudget einigen. Diese Krise ist jedoch nicht bloß ein technisches Problem – sie ist Ausdruck einer tiefen systemischen Fehlentwicklung.
Die Notwendigkeit einer radikalen Alternative
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass innerhalb dieses Systems keine Lösung zu finden ist. Die bürgerliche Demokratie steckt in einer Sackgasse, weil sie unfähig ist, den Interessen des Volks Vorrang vor denen des Kapitals zu geben. Die bürgerlichen Parteien sind alle darum bemüht, die bestehenden Eigentumsverhältnisse zu verteidigen und die arbeitenden Menschen zu Gunsten Monopole weiter zu enteignen.
Dem gilt es, den entschlossenen Widerstand in den Betrieben, den Unis, den Schulen und auf der Straße entgegenzusetzen. Das setzt den Wiederaufbau einer klassenorientierten Gewerkschaftsbewegung voraus, die sich aus der Umklammerung durch die Sozialdemokratie befreit. Die Partei der Arbeit Österreichs wurde gegründet, um ein Angebot an die arbeitenden Menschen zu sein, gemeinsam den Widerstand zu entwickeln und aufzubauen, den es braucht.
Wenn in den letzten Wochen und Monaten von unterschiedlichen Seiten gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ mobilisiert wurde und die FPÖ als faschistisch bezeichnet wurde, dann war das nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver von reformistischer Seite in der Hoffnung die eigenen Pfründe abzusichern. Der Reformismus unterschiedlicher sozialdemokratischer Strömungen, mögen sie sich mit noch so radikalen Phrasen schmücken, mündet immer in den Opportunismus und ein Bündnis mit dem Kapital gegen die arbeitenden Menschen unter dem Vorwand, den Faschismus abzuwehren.
Quelle: ORF