Wer die gestrige Pressekonferenz von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und ihren Experten verfolgte, war danach genauso schlau als wie zuvor.
Wien. Auf der gestrigen Pressekonferenz sollte die Bevölkerung Österreichs über die aktuelle Epidemie-Situation und die Lage im Gesundheitssystem, insbesondere dem Spitalwesen, informiert werden. Nachdem immer mehr Nachbarstaaten – auch bei geringerem Infektionsgeschehen – zu drastischeren Gesundheitsschutzmaßnahmen greifen und kurz vor der Pressekonferenz mit 4.453 Neuinfektionen innerhalb der letzten 24 Stunden ein neuer Rekordwert erreicht wurde, waren die Erwartungen an die Pressekonferenz recht hoch. Viele hatten im Vorfeld über neue Maßnahmen spekuliert.
Die einstündige Krisensitzung und die darauffolgende etwa 30 Minuten andauernde Pressekonferenz sollten nicht nur für Zuseherinnen und Zuseher klären, was die aktuelle Lage ist. Es gab offenbar auch internen Klärungsbedarf, nachdem die Krankenhäuser verschiedene Referenzen bei der Meldung der freien Betten genutzt hatten. Die einen meldeten tatsächlich freie Intensivbetten, die anderen diese plus die potenziell frei machbaren Betten.
Ankündigung der eventuellen Verkündung für Maßnahmen
Doch weit gefehlt, die Pressekonferenz diente einer Ankündigung der eventuellen Verkündung für Maßnahmen. Sebastian Kurz erklärte, dass man mit einem solchen rapiden Anstieg in den Simulationen nicht gerechnet habe und dass man aufpassen müsse, dass man nicht an die Kapazitätsgrenzen der Krankenhäuser geriete. Dem hatten auch Anschober sowie die Experten nicht wirklich etwas Neues hinzuzufügen. Also alles, was dem informierten Bürger und der informierten Bürgerin auch vor der Pressekonferenz klar hätte sein müssen. Ebenso wurde der Fakt offenkundig, dass der Sommer als Verschnaufpause, in dem man bereits über die Konsequenzen der Pandemie und ihre Existenz in Österreich informiert war, nicht genutzt wurde, um einen Plan zu erarbeiten oder gar Vorbereitungen für den Ernst der Lage zu treffen.
Das Team aus der Pressekonferenz erklärte hingegen den Vertreterinnen und Vertretern der Presse, dass man sich morgen mit den Sozialpartnern treffe und dann Gespräche mit der Opposition führe, außerdem stünde man im regen Austausch mit anderen Staaten. Doch all das brachte nicht mehr Licht ins Dunkle. Die Fragen durch anwesende Journalistinnen und Journalisten, die einem Bedürfnis des konkreten Informationsgewinns dienen sollten, blieben vage bis unbeantwortet. Es wirkte fast, als hätte die gestrige Pressekonferenz lediglich den Sinn gehabt, die Pressekonferenz für kommenden Samstag anzukündigen, auf der dann wahrscheinlich oder möglicherweise (?) Verschärfungen des Epidemieschutzes verkündet werden. Der Raum für Spekulationen und die Unsicherheit bleiben groß, während immer mehr furchterregende Nachrichten, beispielsweise über die Überforderung beim Contact-Tracing, sinkenden Kapazitäten in Spitälern öffentlich werden.
Quelle: ZIB