Die bisherige Landwirtschafts- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verabschiedet sich in die Privatwirtschaft. Hoteliervereinigung und Wirtschaftskammer überschlagen sich mit Lobeshymnen – Tier- und Umweltschutzorganisationen sind erfreut.
Wien. Elisabeth Köstinger war nach eigenen Aussagen die letzten fünf Monate Ministerin, obwohl ihr Abgang bereits feststand. Mit der endgültigen Absage ihres Mentors Sebastian Kurz an eine Rückkehr in die österreichische Politik hat Köstinger nun rechtzeitig vor dem ÖVP-Bundesparteitag am Wochenende den Hut genommen. Sie wolle nun erst einmal gutbezahlt im Amt bleiben, bis eine Nachfolge gefunden ist, sich dann einen langen Sommerurlaub gönnen und irgendwann im Herbst in die Privatwirtschafts wechseln. Im Raiffeisen-Konzern wird sich schon ein entsprechendes Pöstchen finden lassen.
Mit Landwirtschaft und Tourismus betreute Köstinger zwei aus ÖVP-Sicht zentrale Agenden. Und sie wich dabei keinen Millimeter von der Maxime ab, alles im Interesse der Unternehmen zu gestalten. So setzte sich Köstinger erfolgreich für faktische Aufhebung der EU-Agrar-Förderobergrenze ein, verhinderte im neuen „Tierschutzgesetz“ ein Verbot von Vollspaltböden und Kälbertransporten und war maßgeblich dafür verantwortlich, dass die großen Tourismusbetriebe als überförderte Gewinner aus der Corona-Pandemie ausstiegen, während die Beschäftigten mit Arbeitslosigkeit und Lohneinbußen konfrontiert waren.
Dem in letzter Zeit geäußerten Unmut über die erpresserische Praxis des Lebensmittelhandels im Umgang mit Bauern ließ Köstinger natürlich keinerlei ersthaften Maßnahmen folgen. Dementsprechend liest sich die Liste der ersten Laudatoren Köstingers: Wirtschaftskammer und Hoteliervereinigung sind voll des Lobes, sekundiert von Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen, der Köstinger als „kompetente Verhandlerin“ huldigt. Umwelt- und Tierschutzorganisationen zeigen sich vor allem erfreut, dass es eigentlich nur besser werden kann. Zu viel Optimismus sollte man diesbezüglich nicht haben: Die Hoteliervereinigung ließ wenige Minuten nach der Bekanntgabe des Köstinger-Rücktritts bereits ausrichten, wer als Nachfolgerin in Betracht käme – eine Unternehmerin.