Mit dem siebten Titelgewinn in der NFL setzt Football-Star Tom Brady abermals neue Maßstäbe.
Tampa Bay. Schon bislang galt Quarterback Tom Brady als GOAT – als „Greatest of all time“ im American Football. Wer, aus welchen Gründen immer, noch daran zweifelte, wurde beim sonntäglichen Finalspiel der US-Profiliga NFL eines Besseren belehrt. Im sportaktivistisch doch schon etwas fortgeschrittenen Alter von 43 Jahren fügte Brady seinen bisherigen sechs SB-Ringen noch einen weiteren hinzu: Seine Tampa Bay Buccaneers behielten gegen Titelverteidiger Kansas City Chiefs letztlich souverän die Oberhand und gewannen mit 31:9. Das ist grundsätzlich schon einmal eine Überraschung, denn das unterlegene Team um Jungstar Patrick Mahomes aus Missouri (ja, nicht Kansas) galt als Favorit, wenngleich das Momentum während der Play-offs zunehmend für die „Freibeuter“ aus Florida sprach. Dass die Chiefs letztlich keinen einzigen Touchdown, sondern nur drei Fieldgoals verbuchen konnten und gänzlich chancenlos blieben, ist aber auch in der Form erstaunlich. Doch der Reihe nach.
Neustart statt Ruhestand
Im Sommer 2020 wurde Bradys Vertrag bei seinem Stammklub, den New England Patriots aus der Umgebung von Boston, Massachusetts, nicht verlängert, obwohl er diese seit 2001 zu fünf Super-Bowl-Siegen und neun Finalteilnahmen geführt hatte. In Neuengland setzte man aber auf eine Verjüngung – und verpasste ohne Brady heuer prompt die Play-offs. Brady tat das, was Nordamerikaner in ihrer Pension klischeehaft gerne tun: Er zog nach Florida. Allerdings nicht, um sein Rentnerdasein zu genießen, sondern um sich den zuletzt mäßig erfolgreichen Buccaneers anzuschließen. Man hätte denken können: Gut, offenbar nochmal eine Saison abkassieren, aber auch das traf nicht zu, denn um Brady wurde mit prominenten Neuverpflichtungen ein Team geformt, das einerseits eine effiziente Defensive aufweist; andererseits wurde Brady offensiv mit den nötigen, ebenfalls schon etwas „erfahreneren“ Zielpersonen ausgestattet, nämlich mit dem Wide Receiver Antonio Brown, während Tight End Rob Gronkowski – ein Ex-Kollege von den Patriots – tatsächlich aus dem Ruhestand reaktiviert wurde. Dies machte sich bezahlt.
Treffen der Generationen mit klarem Sieger
Die Qualifikation für die Play-offs wurde letztlich ohne größere Probleme erreicht (11:5 Siege) – und dort konnten die „Bucs“ mit den New Orleans Saints um Drew Brees sowie den Green Bay Packers um Aaron Rodgers gleich zwei Titelfavoriten aus dem Weg räumen. Gleichzeitig taten sich die Kansas City Chiefs schwerer als erwartet, auch aufgrund einer Zehenverletzung und eines kurzzeitigen KOs von Mahomes, die im Finale aber keine Rolle mehr spielten – der Jungstar (er ist 18 Jahre jünger als Brady) kam am vergangenen Sonntag trotzdem einfach nicht in die Gänge: Viele seiner Pässe kamen nicht an, er ließ sich von der gegnerischen Defensive rasch unter Druck setzen und glänzte zwischenzeitlich nur durch eigene (erzwungene) Läufe. Ganz anders Brady: Zwei Touchdown-Pässe auf Gronkowski (in Summe wurde von den beiden ein neuer Play-off-Rekord aufgestellt), einer auf Brown. Hinzu kam ein erlaufener Touchdowns von Runningback Leonard Fournette, der ebenfalls ein großes Spiel machte. Auch wenn es in einem Play-off-System nur bedingt Sinn ergibt, so bewies sich außerdem wieder die Binsenweisheit: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. Offensichtlich stimmt beides – und hängt natürlich zusammen.
Rekorde für Brady und Arians
Und so holten die Buccaneers ihre zweite Vince-Lombardi-Trophy (nach 2003) und Brady seinen siebten Titel – damit hat er als Spieler mehr davon als jedes NFL-Team. Selbstredend, dass „the GOAT“ auch zum MVP, zum wertvollsten Spieler des Finales gewählt wurde, womit der Triumph der Altherrentruppe umfassend wird. Auch Bucs-Headcoach Bruce Arians ist mit 68 Jahren der älteste Trainer, der jemals in der Super Bowl reüssierte. Aber gut, in einem Land, in dem ein 78-Jähriger als große Zukunftshoffnung zum neuen Präsidenten gewählt wird, mag sich die Gerontokratie eben auch im Football durchsetzen. Bidens Vorgänger, der auch nicht mehr ganz taufrische Donald Trump, freut sich vielleicht auch ein bisschen über den Sieg der Buccaneers – Trump ist ja nicht nur wohnsitzgemäß Bürger von Florida, sondern Brady gilt als Unterstützer der Republikaner sowie als Freund des ehemaligen Präsidenten. Das hat ihm seine Ehefrau, das frühere Model Gisele Bündchen, in politischer Hinsicht allerdings abgestellt („Nein, wir unterstützen Trump nicht!“) – in der nunmehrigen Super Bowl LV lief Brady mit der Botschaft „End racism“ auf der Rückseite seines Helms auf.
Trotzdem ist nicht gänzlich ausgeschlossen, dass Brady irgendwann ein politisches Amt auf einem republikanischen Ticket anstrebt, denn diesbezügliche Spekulationen gibt es schon länger. Dafür müsste er allerdings zuerst seine sportliche Karriere beenden, was noch ein bisschen dauern könnte – denn darauf weist, auch im Alter von 43, nach dem abermaligen Höhepunkt vom vergangenen Sonntag wenig hin. Die nächste Mission lautet wohl eher: Titelverteidigung mit 44 Jahren in der Super Bowl LVI.
Quelle: ORF