Richter vom Londoner High Court kippten das Auslieferungsverbot von Julian Assange an die USA. Ihm drohen dort bis zu 175 Jahre Haft. Das Urteil sei politisch motiviert und ein Armutszeugnis für die britische Justiz, beklagen unabhängige UNO-Berichterstatter.
London. Der Londoner High Court hat das Auslieferungsverbot von WikiLeaks-Gründer Julian Assange aufgehoben. Dies teilte der zuständige Richter Timothy Holroyde am Freitag mit. Das Verbot wurde Anfang des Jahres von einem britischen Gericht verhängt. Nun muss Assange einmal mehr eine Auslieferung an die USA fürchten. Laut Angaben von WikiLeaks durfte Assange nicht selbst vor Gericht erscheinen, dies war auch bei der zweitägigen Berufungsanhörung im Oktober der Fall.
Der unabhängige Berichterstatter der UNO für Folter, Nils Melzer, übte sogleich harsche Kritik am Urteil. „Das ist ein Armutszeugnis für die britische Justiz“, so der UNO-Berichterstatter. „Man kann über Assange denken, was man will, aber er ist nicht in einem Zustand, in dem man ihn ausliefern kann.“ Die Entscheidung des Gerichts, dem US-Berufungsantrag stattzugeben, sei ein „politisch motiviertes Urteil“. Auch Julian Assanges Verlobte und Verteidigerin, Stella Moris, erklärte in einer Stellungnahme: „Wir werden kämpfen.“ Man wolle die Entscheidung zum frühestmöglichen Punkt anfechten, damit kündigte Moris an, erneut in Berufung gehen zu wollen.
Ursprünglich wurde das Auslieferungsverbot damit begründet, dass sich Assange in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befände und auch besonders harte Haftbedingungen in den USA erwarten müsse. Die US-Justiz will dem gebürtigen Australier und Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks den Prozess wegen Spionagevorwürfen machen. Ihm drohen bei Verurteilung bis zu 175 Jahren Haft.
Assange gelte in den USA quasi als Staatsfeind Nummer eins, heißt es vonseiten seiner Verteidigung. So werde ihm vorgeworfen, gemeinsam mit der Wistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen gestohlen und veröffentlicht zu haben und damit, so die Vorwürfe, das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.
Zugelassen wurde die Berufung schließlich, da die US-Seite versicherte, dass Assange in den Vereinigten Staaten keine Isolationshaft fürchten müsse und angemessen behandelt würde. Und auch in ihrem Urteil führten die beiden Richter Ian Burnett und Timothy Holroyde nun aus: „Es gibt keinen Grund, warum dieses Gericht die Zusicherungen nicht als das akzeptieren sollte, was sie aussagen. Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass die USA die Zusicherungen nicht in gutem Glauben gegeben haben.“
Hierzu erwiderte Moris: „Wie kann es fair sein, wie kann es richtig sein, wie kann es möglich sein, Julian an das Land auszuliefern, das seine Ermordung geplant hat?“ Sie verwies damit auf Aussagen von früheren Beamten unter US-Präsident Trump, dass es Entführungs- und Mordpläne der CIA gegen Julian Assange gegeben habe.
Quelle: ORF / junge Welt