Kommentar von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA), zum „70. Thronjubiläum“ von Elizabeth II.
Das Jahr 1952 ist jetzt echt schon ein Zeiterl her: In jenem Jahr wurde Josef Stalin am XIX. Parteitag der KPdSU letztmals als Generalsekretär bestätigt, in den USA übernahm Eisenhower die Präsidentschaft von Truman, in Kuba putschte sich Batista an die Macht, und das britische Militär zündete vor der Küste Australiens seine erste Atombombe. Für das Vereinigte Königreich lief damals aber nicht alles glatt, denn am 6. Februar 1952 starb König George VI., weswegen dessen 25-jährige Tochter Elizabeth Alexandra Mary als Elizabeth II. den Thron bestieg – und dort sitzt die mittlerweile 96-jährige Monarchin von Gottes Gnaden immer noch. Daher mussten wir in den vergangenen Tagen allerlei pompös inszeniertes Theater zum „70. Thronjubiläum“ über uns ergehen lassen – selbst im ORF, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Republik Österreich.
Die betagte Elizabeth Windsor-Mountbatten fungiert nicht nur als „Queen“ des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland, sondern auch als Staatsoberhaupt von 14 weiteren Staaten („Commonwealth Realms“), darunter immerhin Australien oder Kanada. Der Großteil des Empires ging im Laufe des 20. Jahrhunderts freilich verloren, dank Entkolonialisierung und Demokratisierung. Zuletzt verzichtete Barbados vor einigen Monaten auf die fremden monarchischen Dienste und schaffte sich stattdessen im Geiste des Republikanismus und der vollständigen Unabhängigkeit eine einheimische Präsidentin an. Neuerdings gibt es selbst in Canberra ähnliche Bestrebungen seitens der neuen sozialdemokratischen Regierung.
Gegenwärtig gibt es weltweit noch 43 Monarchien, was rund einem Viertel der Staaten der Erde entspricht. Nur die wenigsten davon sind noch absolutistisch (z.B. Saudi-Arabien, Katar oder Swasiland), meistens handelt es sich wenigstens um konstitutionelle (z.B. Thailand oder Kuwait) oder sogar parlamentarische Monarchien. Zu letzteren gehören fast alle der zwölf europäischen Beispiele, mit Ausnahme Monacos sowie der Sonderfälle Liechtenstein und Vatikan. In Schweden, Norwegen und Dänemark, in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg, in Spanien und Großbritannien haben die gekrönten Staatsoberhäupter nur formelle Bedeutung, ohne politisch direkt in die bürgerlich-parlamentaristischen Regime einzugreifen. Auch Elizabeth II. „herrscht“ natürlich nicht wirklich über ihr Reich.
Man muss es nicht unbedingt als „albern und verblödet“ titulieren, eine Königin zu haben, wie es Frank Drebin, Spezialeinheit, anlässlich des L.A.-Besuches von Elizabeth II. wenig diplomatisch formulierte. Oder wie die Eintracht Frankfurt-Fans vor kurzem gegen West Ham ein nur bedingt stilsicheres „God shave the Queen“-Transparent ins Fußballstadion mitbringen. Aber die Richtung stimmt schon: Ein monarchisches Staatsoberhaupt ist im 21. Jahrhundert ein recht bizarrer Anachronismus, der aus überaus düsteren Zeiten der Menschheitsgeschichte stammt. Denn dahinter steht unweigerlich der Gedanke der Ungleichheit der Menschen. Ein einzelner Herrscher oder eine Herrscherin, eine Familiendynastie und mit ihnen ein ganzer aristokratischer Rattenschwanz erhebt sich per Geburtsstand über die Untertanen, den „Pöbel“, lebt privilegiert und parasitär von über Jahrhunderte zusammengeraubtem Vermögen und von Steuerleistungen der Bevölkerung, die diesen Leuten auch noch huldigen und sie bewundern soll. Die Idee der Monarchie ist per se antidemokratisch und gegen die unteilbaren, gleichen Menschenrechte gerichtet, egal wie freundlich und „volksnah“ sich ein Monarch gibt, egal wie demokratisch die Volksvertretung und die Regierungsbildung gestaltet sind – was im Rahmen des Kapitalismus und der bürgerlichen Herrschaft ohnedies immer trügerisch bleibt.
In Österreich wurde die Monarchie im Herbst 1918 überwunden. Seither, mit zwei faschistischen Unterbrechungen, leben wir in der bürgerlich-demokratischen Republik. Seither sind über 100 Jahre vergangen, in denen die Kaiserstatuen immer noch stehen und die Habsburger-Herrschaft als „gute alte Zeit“ romantisiert wird – das war sie aber nur für die Herrschenden und ihre Günstlinge sowie für das Kapital, das sich auch mit einer konstitutionellen oder einer parlamentarischen Monarchie natürlich arrangieren kann. Die klassenspezifische Herrschaft ist in Österreich und Großbritannien daher dieselbe, nämlich die verbrämte Diktatur des Monopolkapitals. Sie wird erst mit der sozialistischen Revolution weichen.
Die Abschaffung der Monarchie und die Verteidigung der Republik bleiben bis dahin trotzdem Forderungen und Aufgaben der Arbeiterbewegung. Als Überbleibsel der feudalen und kolonialen Unterdrückung und Ausbeutung hat sich das überlebende Königtum zu einer Stütze der kapitalistischen und imperialistischen Ausbeutung und Unterdrückung verwandelt. Insofern darf man für die Völker Englands, Schottlands, Wales’ und Irlands, aber auch für die Länder des Commonwealth sowie für abhängig gehaltene Nationen hoffen, dass das 70. Thronjubiläum von Elizabeth II. die letzte britische „Feierlichkeit“ dieser Art war. Aus der Überwindung der Monarchie können neue Kräfte und Impulse für den Kampf für die Überwindung der Kapitalherrschaft gewonnen werden. Man könnte dann einen alten Slogan wieder aufgreifen: „Republik, das ist nicht viel, Sozialismus ist das Ziel!“