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Gewaltsame Vertreibung von Massai in Tansania

Über 150.000 Massai in Tansania sind von einer potenziellen Vertreibung aus ihrer Heimat betroffen. Auf dem Gebiet soll stattdessen unter anderem ein luxuriöses Jagdresort entstehen.

Daressalam. Dutzende Angehörige der tansanischen Volksgruppe der Massai wurden in den vergangenen Tagen bei gewaltsamen Einsätzen der Polizei im Ngorongoro-Distrikt verletzt. Die Konfrontationen starteten, als die Polizei begann, eine 1.500 Quadratkilometer große Fläche abzugrenzen, genau in dem Gebiet, in dem ein großer Teil der Massai seine Heimat hat. Einige der Massai wollten sich wehren. Videos und Bilder im Internet zeigen sie mit Speeren, Knüppeln oder Pfeil und Bogen bewaffnet der nationalen Polizei gegenüberstehen. Die mit scharfer Munition ausgestatteten Repressionsorgane des tansanischen Staates waren in der darauffolgenden Konfrontation jedoch klar überlegen. 

Ein Massai, der anonym bleiben wollte, berichtete gegenüber dem Guardian: „Sie zerstörten unsere Motorräder, stahlen unser Vieh, und unser Eigentum wurde zerstört“. Es wurden auch einige Personen verhaftet. Die Polizei hatte es dabei wohl gezielt auf Personen abgesehen, die im Besitz von Mobiltelefonen und somit möglicherweise Beweisen für die Repression waren. Die verletzten Massai mussten laut Medienberichten in ein Krankenhaus in Kenia gebracht werden, weil ihnen in Tansania wohl die staatliche Gesundheitsversorgung verweigert werden würde.

Die tansanische Regierung weigert sich bislang zuzugeben, dass die Menschen tatsächlich gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen. Sie argumentiert jedoch damit, dass das fragliche Gebiet von den Massai und ihrem Vieh überbevölkert sei, was eine Gefahr für die Umwelt darstelle. Das Land sei von entscheidender Bedeutung für die Fortpflanzung von Gnus und ihre Wanderung in die Serengeti sowie eine wichtige Wasserquelle für den Nationalpark. Das Ngorongoro-Naturschutzgebiet ist seit 1979 Weltnaturerbe. Über 150.000 Massai wären von einer erzwungenen Umsiedelung betroffen.

Der tansanischen Regierung geht es dabei jedoch wohl nicht vorrangig um den Schutz der Natur, sondern um den Tourismus in solchen Wildreservaten, der eine immer wichtiger werdende Einnahmequelle für den Staat darstellt. Rund um das Dorf Loliondo im Norden des Gebiets soll ein weiteres solches Reservat entstehen, das von der Otterlo Business Corporation (OBC) betrieben werden soll. Die OBC ist ein Jagdunternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und organisiert unter anderem luxuriöse Jagdausflüge für die königlichen Familien der VAE.

Schon im Jahr 1993 stellte die damalige tansanische Regierung OBC erstmals Teile des von Massai bevölkerten Landes zur Verfügung und erhielt dafür laut Medienberichten Millionen an Dollar für die Finanzierung von Sicherheitsbehörden. Seitdem gab es immer wieder Spannungen und Versuche, die Massai aus ihrer Heimat zu vertreiben. 2017 gelang es den Behörden beim erneuten Versuch, die angestammte Bevölkerung „umzusiedeln“, 180 Heimstätten der Massai niederzubrennen. Im Februar dieses Jahres erhöhte sich die Sorge um eine weitere Vertreibungsaktion abermals, als der Tourismusminister des Landes, Damas Ndumbaro, sagte, dass die Massai keinerlei Anspruch auf ihr Land hätten. Acht Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen äußerten im selben Monat ihre Besorgnis über eine mögliche Vertreibung der Massai, sollte das Schutzgebiet erweitert werden.

Quellen: Guardian / Guardian / Al Jazeera

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