Mit ihren dilettantischen Kleinstaktionen fuhren Identitäre & Co. bisher nur Niederlagen ein. Doch die Strategie ist klar: Ausschreitungen provozieren, um die Massenbewegung zu diskreditieren und selbst als Opfer dazustehen.
Wien. Wie das „Presse Service Wien“ aufzeigt, kam es bei den riesigen Black Lives Matter-Demonstrationen vergangenen Donnerstag und Freitag jeweils zu Störaktionen der extremen Rechten. Beide verliefen in peinlichen Niederlagen:
Am Donnerstagabend postierten sich zwei Burschenschafter (vermutlich „Corps Hansea Wien“) bei der Abschlusskundgebung (wir berichteten) am Karlsplatz. Einer davon trug ein T‑Shirt mit einem Symbol, das zunehmend von der rassistischen White-Power-Bewegung genutzt wird, zugleich in anderem Kontext als einfaches OK-Zeichen gelten kann. Kurz gesagt: Da rüttelten zwei Nachwuchs-Nazis kräftig am Watschenbaum – und flüchteten feig in die Straßenbahn, als sie angesprochen wurden. Dass es sich tatsächlich um Burschenschafter handelte, bestätigte ausgerechnet die FPÖ-Hetzseite „unzensuriert.at“ in einem weinerlichen Bericht.
Am Freitag wiederum versuchte sich Identitären-Zampano Martin Sellner zusammen mit einem tollpatschigen Helferlein als Schmalspur-Fassadenkletterer (siehe Foto). Ein angebrachtes Plakat der Rechten wurde von Anrainern schnell wieder entfernt; auch diese Störaktion ging völlig in die Hose.
Am Samstag stiftete schließlich der rechtsextreme Verschwörungstheoretiker Martin Rutter, der selbst dem „Team Kärnten“ zu abstrus war, auf einer antirassistischen Kundgebung in Klagenfurt Unruhe.
Durchschaubare Inszenierung
Die extreme Rechte unternimmt dieser Tage massiv den Versuch, Antifaschistinnen und Antifaschisten zu kriminalisieren. Ihr absurder Ruf nach einem Verbot „der Antifa“ (so als handle sich um einen Verein) wird neben US-Präsident Trump auch von Freiheitlichen unterstützt und einschlägige Internetportale fahren offensichtlich eine entsprechende Kampagne – nachdem ihr bisheriger Fokus Corona-Leugnerei eher auf breite Belustigung gestoßen ist.
Da Organisationen wie die Identitären über relativ viel Aufmerksamkeit und Spott, aber kaum über Mitglieder verfügen, trachten sie danach, in Kleinstgruppen möglichst großen Schaden beim politischen Gegner anzurichten. Sie suchen gezielt die Provokation, um sich anschließend als Opfer darzustellen, denen die Meinungsfreiheit geraubt würde. Diese Taktik macht beispielsweise die neofaschistische „Proud Boys“-Bewegung aus den USA bereits seit Jahren – und deutlich professioneller – vor. Nur interessiert sich auf den friedlichen Massendemonstrationen in Österreich bisher niemand für die nach handfester Aufmerksamkeit gierenden Provokateure.