HomeFeuilletonWissenschaftWeniger Schiene, mehr Verkehrslawine

Weniger Schiene, mehr Verkehrslawine

Während das Straßennetz weiterhin munter ausgebaut wird, zerstört man in Österreich Bahninfrastruktur. Seit 1995 wurden 655 Kilometer Schienen und 230 Bahnhöfe stillgelegt. 

Wien/St. Pölten. Die NGO Greenpeace hat durch das Wuppertal Institut und T3 Transportation die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur seit 1995 untersuchen lassen. Bei der internationalen Studie ging es um das Verhältnis von Bahnstrecken und Straßen, und das Ergebnis ist vielsagend: In den vergangenen fast drei Jahrzehnten wurden in Österreich 655 Kilometer Schienen aufgelassen, vor allem im Bereich des Regionalverkehrs wurden Strecken und Bahnhöfe geschlossen.

Unrühmlicher Spitzenreiter ist das Bundesland Niederösterreich, wo etwa 50 Prozent aller verwaisten bzw. demontierten Bahnstrecken liegen sowie auch der Großteil der 230 stillgelegten Bahnhöfe. Das prominenteste Beispiel eines Geisterbahnhofs beherbergt die Waldviertler Bezirkshauptstadt Zwettl, wo seit 2010 kein Personenverkehr mehr stattfindet – die Region ist ohnedies nicht gerade eine Hochburg der Verkehrsanbindung. Die längste eingestellte Bahnstrecke ist die Ybbstalbahn im Mostviertel mit einer Länge von 50 Kilometern.

Die negative Dynamik in Österreich entspricht auch der europäischen: In den EU-Staaten sowie der Schweiz und Norwegen ist das Straßennetz seit 1995 insgesamt um rund 30.000 Kilometer ausgebaut worden, während das Schienennetz um 15.000 Kilometer geschrumpft ist. Diese Daten zeigen, dass von einer sinnvollen Entwicklung zugunsten eines klima- und umweltfreundlichen öffentlichen Verkehrs und Gütertransports keine Rede sein kann.

Demgegenüber ergibt sich die berechtigte Forderung, stillgelegte Regionalzugstrecken wieder in Betrieb zu nehmen. Dass als Ersatz oft zusätzliche Buslinien eingerichtet wurden, löst nur die eine Hälfte des Problems, verstärkt jedoch die andere. Am Ende ist es eine Geldfrage: Will sich der Staat ein modernes Schienennetz und Bahninfrastruktur, auch für den Regionalverkehr, leisten – oder setzt man weiterhin auf neue betonierte Straßen und fossile Treibstoffe? Die bisherige Antwort ist entmutigend.

Quelle: ORF

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