Gaza. Der Krieg in Gaza fordert unentwegt neue Opfer. Die jüngsten Angriffe auf die Bildungsinfrastruktur stellen jedoch einen weiteren blutigen Tiefpunkt dar. Am Sonntagabend bombardierten israelische Kampfjets die Ahmed-bin-Abdul-Aziz-Schule in Khan Junis. Mindestens 20 Menschen, darunter Frauen und Kinder, wurden getötet. Sie hatten in dem dreistöckigen Gebäude Zuflucht gesucht, als die Angriffe ohne Vorwarnung erfolgten, berichtete der Al-Dschasira-Korrespondent Tareq Abu Azzoum. Die Schule, betrieben vom Palästinenser-Hilfswerk UNRWA, war ein Zuhause für Hunderten zwangsvertriebener Familien. Statt Schutz fanden sie Tod und Zerstörung.
Dies war nicht der einzige Angriff an diesem Tag. Stunden zuvor hatten israelische Streitkräfte die Khalil-Oweida-Schule in Beit Hanun beschossen. Mindestens 43 Menschen starben, nachdem Panzer das Gebiet abgeriegelt und schweres Artilleriefeuer die Schule zerstört hatten. Eine Familie mit zwei kleinen Kindern kam ums Leben, als das Klassenzimmer, in dem sie Schutz gesucht hatten, von Granaten getroffen wurde. Israelische Soldaten stürmten schließlich die Ruinen, töteten weitere Personen und zwangen Überlebende zur Flucht oder nahmen sie fest.
Die gezielte Zerstörung von Schulen ist kein Einzelfall. Seit Beginn des Krieges wurden alle 19 Universitäten in Gaza zerstört. Von den über 800 Schulen, die vor dem Krieg existierten, sind 93 Prozent zerstört oder schwer beschädigt. Der Global Education Cluster stellt fest, dass 85 Prozent dieser Gebäude einen vollständigen Wiederaufbau oder eine umfassende Sanierung benötigen. Bildung, ein universelles Grundrecht, wird für Kinder in Gaza systematisch vernichtet.
Rechte Kommentatoren nutzen die Angriffe, um den völkerrechtlichen Schutzstatus von Schulen zu relativieren. Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, stellte provokativ infrage, ob ein Schulgebäude, das nicht mehr als Unterrichtsort genutzt wird, weiterhin geschützt sei. Diese Haltung rechtfertigt indirekt die Zerstörung ziviler Zufluchtsorte.
Die humanitären Folgen in Gaza sind verheerend. Eine von den UN veröffentlichte Studie zeigt, dass 96 Prozent der Kinder in Gaza das Gefühl haben, ihr Tod sei unausweichlich. Fast die Hälfte von ihnen hat suizidale Gedanken. Tausende Kinder irren unbegleitet durch die Trümmer, ohne Eltern, ohne Hoffnung. Die psychischen Traumata dieser Generation werden die Gesellschaft von Gaza noch Jahrzehnte belasten. Helen Pattinson von War Child UK bezeichnete den Bericht als „einen der erschreckendsten Einblicke in das psychische Wohlbefinden von Kindern weltweit.“
Die systematische Zerstörung der Bildungsinfrastruktur ist ein Angriff auf die Zukunft von Gaza. Schulen sind nicht nur Orte des Lernens, sondern auch des Schutzes und der Hoffnung. Ihre Zerstörung beraubt die Kinder in Gaza jeder Perspektive. Israel rechtfertigt diese Taten mit Sicherheitsbedenken, doch die gezielte Bombardierung von zivilen Zufluchtsorten und die Tötung unschuldiger Menschen ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Quelle: junge Welt