HomePanoramaRechtsextremismus: „Sächsische Separatisten“ mit Verbindungen nach Niederösterreich

Rechtsextremismus: „Sächsische Separatisten“ mit Verbindungen nach Niederösterreich

St. Pölten/Dresden. Ein großes Neonazi-Netzwerk in Deutschland steht im Verdacht, sich paramilitärisch auf einen „Tag X“ vorzubereiten. Die Gruppe, die sich „Sächsische Separatisten“ (SS) nennt, gilt in Sicherheitsbehörden bereits als eine der gefährlichsten Neonazi-Strukturen der vergangenen Jahre. Ihnen wird vorgeworfen, in Ostdeutschland Gebiete gewaltsam besetzen und mögliche ethnische Säuberungen durchführen zu wollen.

Wesentlich für den Fall: Auch in Österreich wurden Razzien durchgeführt – vor allem in Niederösterreich, im Umfeld der Familie Schimanek. Der deutsche Staatsanwalt Lars Otte sprach im Innenausschuss des Bundestags davon, man habe „gegenüber den österreichischen Behörden so lange wie möglich“ versucht, die Ermittlungserkenntnisse zurückzuhalten. Der Grund: ein möglichst geringes Risiko von Informationslecks.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht eine Linie der Familie Schimanek, die seit Jahrzehnten immer wieder in einschlägigen Zusammenhängen auftaucht. Hans Jörg Schimanek senior, verstorbener Landeschef der FPÖ-Niederösterreich, legte früh den Grundstein für Verbindungen ins extrem rechte Milieu. Sein gleichnamiger Sohn war in den 1980er-Jahren Mitglied von Neonazi-Gruppen um Gottfried Küssels „Volkstreue außerparlamentarische Opposition“ (Vapo). Später soll er nach Ostdeutschland gezogen sein und dort als Immobilienunternehmer tätig gewesen sein.

Dort wuchsen auch zwei seiner Söhne auf, namentlich Jörn und Jörg, die inzwischen in den Ermittlungen zu den „Sächsischen Separatisten“ als wichtige Akteure auftreten. Die deutsche Generalbundesanwaltschaft sieht in ihnen und weiteren Mitstreitern Personen, die eine faschistische Ideologie verinnerlicht haben.

In Österreich ist insbesondere der Bezug zum „Forsthaus“ auf dem Gelände der Burg Kronsegg in Niederösterreich für die Behörden interessant. Dort, so ergaben Hausdurchsuchungen, fanden sich 30 Kilogramm Munition sowie NS-Devotionalien. Hauptmieter dieser Liegenschaft war René Schimanek, ein Onkel der in Sachsen festgenommenen Brüder. Er ist in Niederösterreich Gemeinderat der FPÖ in Langenlois und zugleich Büroleiter von FPÖ-Nationalratspräsident Walter Rosenkranz. René Schimanek bestreitet jede Verbindung zu den „Sächsischen Separatisten“. Sein Anwalt erklärt, man wolle den Sachverhalt vollumfänglich aufklären, er sehe jedoch keine direkte Zugehörigkeit seines Mandanten zu einer Neonazi-Gruppe.

Tatsächlich meldete der FPÖ-Politiker kurz nach der Hausdurchsuchung seinen Wohnsitz im besagten Forsthaus ab – nach eigener Aussage ein reines „Meldevergehen“, da er dort seit 20 Jahren nicht mehr residiert. Ob und inwieweit er über Jahre dennoch für die Aufbewahrung von Waffen oder Nazi-Symbolen verantwortlich gemacht werden kann, bleibt Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Für ihn, wie für alle anderen Beteiligten, gilt die Unschuldsvermutung.

Aus einem internen Protokoll des deutschen Bundestags geht hervor, dass die Generalbundesanwaltschaft die österreichischen Behörden absichtlich erst sehr spät einweihte. Man wollte offenbar verhindern, dass Informationen durch mögliche Leaks zu früh an die Beschuldigten gelangen. Staatsanwalt Otte spricht davon, die „Sächsischen Separatisten“ seien eng über persönliche Bindungen verknüpft – ein Freundes- und Familiennetzwerk, das sich über Jahre gebildet habe, nicht nur in Ostdeutschland, sondern offenbar auch in Teilen Niederösterreichs.

Die Gruppe soll sich auf einen Tag X vorbereitet haben, um gewaltsam Gebiete zu erobern und ein Regime nach NS-Vorbild zu errichten. Ethnische Säuberungen seien diskutiert worden. Einige Mitglieder sind noch minderjährig, andere sind bereits erfahrene Aktivisten im Neonazi-Milieu.

Dass ausgerechnet ein Teil der Schimanek-Familie in der Niederösterreichischen FPÖ verankert ist und Zugang zu sensiblen Bereichen hat, weckt auch hierzulande die Sorge, dass Informationen aus Ermittlungen gegen die Rechtsextremisten ins Leere laufen könnten. Es ist nicht das erste Mal, dass Personen aus der extrem rechten Szene in sicherheitsrelevante Kreise hineinwirken. Der Fall des Security-Manns aus Küssels Umfeld, der 2016 sogar im BVT-Untersuchungsausschuss tätig war, ist ein bekanntes Beispiel.

Wie die Behörden den Fall weiterhandhaben und ob es tatsächlich zu Anklagen wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung oder Verstößen gegen das NS-Verbotsgesetz kommt, bleibt abzuwarten.

Quelle: Der Standard

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