Khartum. Am 27. Juli verkündete die Miliz „Rapid Support Forces“ (RSF) gemeinsam mit verbündeten Rebellengruppen die Gründung einer sogenannten „Regierung des Friedens und der Einheit“ im vom Krieg zerrissenen Sudan. Angeführt wird die neue Parallelregierung von RSF-Kommandeur Mohamed Hamdan Dagalo („Hemedti“), flankiert vom SPLM-N-Führer Abdelaziz al-Hilu und dem zivilen Politiker Mohammed Hassan al-Ta’ishi als Premierminister. Die Gründung wurde in der weitgehend von Rebellen kontrollierten Region Darfur verkündet – ein symbolischer wie strategischer Ort angesichts der anhaltenden Kämpfe gegen die sudanesische Armee unter General Abdel Fattah al-Burhan.
Diese Entwicklung ist jedoch kein Aufbruch zu Frieden und Einheit, sondern Ausdruck der tiefen politischen, militärischen und sozialen Zerrüttung des Landes. Die Afrikanische Union warnt vor der internationalen Anerkennung dieser Regierung und spricht von einer gefährlichen Zersplitterung des Landes. Auch die Vereinten Nationen befürchten eine weitere Eskalation in einer bereits katastrophalen humanitären Lage: Über zwölf Millionen Menschen sind seit Ausbruch des Krieges 2023 vertrieben worden, die Hälfte der Bevölkerung ist von Hunger betroffen.
In ihrer Stellungnahme macht die Sudanesische Kommunistische Partei unmissverständlich klar, dass weder die „Parallelregierung“ unter der RSF noch die Regierung in Port Sudan unter Burhan irgendeine Legitimität beanspruchen kann. Beide seien Produkte des Militärputsches vom 25. Oktober 2021, der die zivil-militärische Übergangsregierung zerschlug und das Land in Krieg und Zerstörung stürzte. Seitdem wird der Sudan von zwei rivalisierenden Machtblöcken beherrscht, die beide schwerste Kriegsverbrechen zu verantworten haben – darunter ethnische Säuberungen, sexualisierte Gewalt und gezielte Massaker an der Zivilbevölkerung.
Besonders brisant ist der Verweis der Sudanesischen Kommunistischen Partei in ihrer Aussendung zu den Entwicklungen auf die in der RSF-nahen Verfassungsentwurfscharta enthaltene Klausel zum „Recht auf Selbstbestimmung“, die im Falle eines nicht-säkularen Staates eine Sezession legitimieren würde. Dieser Passus erinnert fatal an die Entwicklungen vor der Abspaltung des Südsudans 2011 und wirft die Frage auf, ob die RSF und ihre Verbündeten bewusst auf eine langfristige Teilung des Landes hinarbeiten. Die Partei sieht darin keinen Ausdruck nationaler Selbstbehauptung, sondern ein Symptom des staatlichen Zerfalls – beschleunigt durch äußere Einflüsse und imperialistische Interessen.
Denn der Bürgerkrieg im Sudan ist längst eingebettet in die imperialistischen Auseinandersetzungen der Gegenwart: Der Zugriff rivalisierender imperialistischer Staaten auf Rohstoffe, Infrastruktur und strategische Korridore wie das Rote Meer oder das Horn von Afrika befeuert den Konflikt. Die Bildung der Parallelregierung kurz vor dem Treffen der „Quad“-Gruppe – bestehend aus den USA, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Großbritannien – ist kein Zufall. Sie ist ein Versuch, den Verhandlungsrahmen von außen zu dominieren und das künftige Machtgefüge im Sudan vorzuzeichnen.
Vor diesem Hintergrund warnt die Sudanesische Kommunistische Partei vor jeder „Friedenslösung“, die nicht auf einer vollständigen Entmachtung der Milizen und des Militärs basiert. Der Aufbau eines demokratischen, säkularen und geeinten Sudan kann nur gelingen, wenn der revolutionäre Prozess wiederbelebt und die politischen wie ökonomischen Machtstrukturen des alten Regimes zerschlagen werden. Die Wiederherstellung der Zivilherrschaft, die Auflösung aller Milizen, die Rückführung der geraubten öffentlichen Güter und die Herstellung sozialer Gerechtigkeit sind keine idealistischen Forderungen – sie sind die einzigen realistischen Bedingungen für eine friedliche und souveräne Zukunft.
Quelle: Soldinet/Der Standard/Spiegel