Was zunächst farblos wirkte, erweist sich nun doch als illustre Runde: Heinz-Christian Straches Kandidatenliste für die Wiener Wahlen beinhaltet verschwörungstheoretische und antisemitische Gustostückerl.
Wien. Am vergangenen Dienstag präsentierte die Liste „Team HC Strache – Allianz für Österreich“, (T)HC, ihre Kandidatinnen- und Kandidaten-Liste für die Wiener Gemeinderatswahl. Ob der erstplatzierte Namensgeber der Liste auf dieser verbleibt, ist einstweilen unsicher, da die Behörden noch überprüfen müssen, ob sein Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt tatsächlich in Wien liegt. Bei der Ortswahl für die Kandidatenpräsentation entschied sich Strache jedenfalls für eine ebenso salomonische wie humorige Lösung, nämlich den Kahlenberg – dieser liegt genau zwischen Wien und Klosterneuburg und gehört zu entsprechenden Teilen zu beiden Gemeinden. Kannst’ nicht erfinden, denkt man sich. Wird aber noch besser.
Flugbegleiterin will Juden und Antifaschismus abservieren
Sollte Strache von der Liste gestrichen werden, so ist für gleichwertigen Ersatz gesorgt. Zwar finden sich keine wirklich prominenten Namen unter den Kandidaten und Kandidatinnen, da auch die FPÖ-Überläufer eher nur Hinterbänkler und Bezirksblaue waren. Doch zwei Personen auf der Liste stechen nun doch ein bissel hervor: Da wäre einmal Christina Kohl (Listenplatz 17). Die 24-jährige Flugbegleiterin trat in der Vergangenheit als Rednerin bei Anti-Corona-Demos auf und kündigte dort videodokumentiert an, wer aller „weg muss“: Soros, Rothschild, die Illuminaten, die Antifa und die Freimaurer. Klingt ein wenig verschwörungstheoretisch, antisemitisch und pro-faschistisch, war aber sicher nicht so gemeint. Man müsste schon ziemlich blöd sein, wenn man das so plump rüberbringen will. Oder aber es ging dem THC einfach nur um eine plakative Zurschaustellung von Defiziten im österreichischen Bildungssystem. Welch gelungene Anklage!
Impfungen und Chemtrails machen Polizeiarzt krank
Vielversprechend dürfte auch der Arzt Serge Paukovics sein, der ebenfalls für Strache kandidiert. Er schreibt gerne Einleitungen für verschwörungstheoretische Bücher von abgehalfterten deutschen Schlagersängern und gibt dort zu Protokoll, was ihn stört: Das sind nicht zuletzt Chemtrails, die Grippewellen verursachen und einwandfrei nachgewiesen worden seien. Seine Hauptfeinde sind daher lügende Meteorologen und natürlich die „Impf-Mafia“. Man sollte sich wohl gut überlegen, das medizinische Wissen und die ärztlichen Fähigkeiten dieses Mannes, der aus irgendwelchen Gründen auch polizeilicher Amtsarzt ist, in Anspruch zu nehmen. Wer aber ein Buch oder einen Schlagertext darüber schreiben will, wie die antisemitische Fälschung der „Protokolle der Weisen von Zion“ unser Leben bestimmt und wie die Illuminaten die AIDS-Seuche auf die Menschheit losgelassen haben, ist bei ihm offenbar an der richtigen Adresse. Und wer trotz Ibiza, drei Bier, Wehrsport und Viking-Jugend trotzdem unbedingt zur Wiener Wahl antreten möchte, ist es ebenso. Weil’s eh schon wurscht ist.
Ärztekammer und Landespolizeidirektion Wien haben angekündigt, Paukovics’ literarische Diagnosen einer Prüfung zu unterziehen. Die Austrian Airlines sind schon einen Schritt weiter: Frau Kohl ist aufgrund von Beschwerden von Kollegen und Kunden wegen antisemitischer Äußerungen offenbar nicht länger Mitarbeiterin der AUA.
Quelle: ORF