Berlin/BRD. Wenn Friedrich Merz die AfD nun zum „Hauptgegner“ erklärt, dann klingt das, als würde ein Brandstifter sich über das Feuer empören, das er selbst gelegt hat. Denn die Partei, die heute mit rechtsextremen Parolen Wählerinnen und Wähler ködert, wächst nicht im luftleeren Raum – sie gedeiht auf dem Boden einer jahrzehntelangen Politik sozialer Zerstörung, betrieben von genau jenen Kräften, die nun vorgeben, sie bekämpfen zu wollen: CDU, SPD, FDP, Grüne und eine zahm gewordene Linkspartei. Der Aufstieg der Rechten ist kein Betriebsunfall, kein unvorhersehbarer Ausrutscher in der Geschichte – er ist das direkte Produkt der Politik jener bürgerlichen Parteien, die jetzt empört aufheulen, weil das Monster, das sie genährt haben, ihnen über den Kopf wächst.
Seit Jahrzehnten predigen die etablierten Parteien das gleiche neoliberale Evangelium: Deregulierung, Privatisierung, Sozialabbau, Kriegspolitik. Sie haben die Lebensrealität der arbeitenden Bevölkerung geopfert, um die Profite des Kapitals zu sichern. Während Mieten explodieren, Löhne stagnieren und Altersarmut zur Normalität wird, erklären uns diese Herrschaften, dass der Gürtel eben enger geschnallt werden müsse.
Wer die Klassenfrage systematisch vernachlässigt, wer Renten kürzt, Arbeitsrechte abbaut, Wohnraum dem Markt überlässt, wer Militarisierung und Kriegskurs predigt, während Millionen kaum mehr die Miete zahlen können – der hat der AfD erst die Türen geöffnet. Die Rechten füllen nur das Vakuum, das die sogenannten Volksparteien hinterlassen haben.
Friedrich Merz inszeniert sich nun als Verteidiger der „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, während er gleichzeitig eine Politik betreibt, die diese Ordnung Tag für Tag aushöhlt. Söder nennt die AfD „Systemfeinde“ – dabei verteidigt er ein System, das Menschen in Leiharbeit und Armut zwingt, während Rüstungskonzerne, Energieunternehmen und Immobilienhaie Rekordgewinne einfahren.
Die SPD spielt derweil den moralischen Zeigefinger: Man dürfe „keine Brandmauer einreißen“. Dieselbe SPD, die mit den Hartz-Reformen Millionen Menschen entrechtet hat. Dieselbe Partei, die Waffen in Kriegsgebiete schickt, während sie Sozialwohnungen verscherbelt und Krankenhauspersonal ausbluten lässt.
Und die Grünen? Die einstige Friedenspartei ist zur PR-Abteilung der NATO verkommen. Zwischen Leopard-Panzern und moralischer Belehrung hat sie jeden Rest von sozialer Glaubwürdigkeit verloren. Die „Linke“ schließlich hat sich so lange an parlamentarische Gepflogenheiten angepasst, bis sie selbst Teil des Establishments wurde – weichgespült, orientierungslos, systemkonform.
Das Ergebnis: ein politisches Vakuum, das die Rechten füllen – nicht, weil sie klüger wären, sondern weil sie wenigstens so tun, als würden sie den Status quo infrage stellen. Die AfD ist keine Fremdkörper im Kapitalismus – sie ist Teil des politischen Establishments. Sie kanalisiert die Wut derer, die von der Globalisierung, der Deregulierung und der marktkonformen Demokratie abgehängt wurden, in nationalistische, rassistische und antisemitische Bahnen. Das Kapital bleibt unangetastet – der Zorn wird nach unten und nach außen gelenkt.
Und hierzulande in Österreich? ÖVP, SPÖ und ihre grünen wie auch pinken Anhängsel führen dieselbe Klassenpolitik – und die FPÖ kassiert die Wut derer, die sich von diesem System längst verraten fühlen. Auch hier ist die „Brandmauer nach rechts“ nur ein billiger PR-Slogan, hinter dem sich dieselbe neoliberale Verachtung für die arbeitende Klasse verbirgt.
Der Kampf gegen die AfD – und gegen die FPÖ – ist kein moralisches Theaterstück für bürgerliche Sonntagsreden. Er ist ein Klassenkampf. Und wer ihn ernst meint, muss dort ansetzen, wo das Unheil seinen Ursprung hat: beim Kapital, das sich mit jeder Regierung – ob schwarz, rot, grün oder blau – bestens arrangiert.
Quelle: ORF