Italienische Ermittler durchsuchen mehrere Amazon-Standorte wegen des Verdachts, dass chinesische Waren ohne Zahlung von Mehrwertsteuer und Zöllen in den EU-Markt gelangt sind. Die Untersuchungen weiten sich inzwischen auf ganz Europa aus.
Rom. Die italienischen Strafverfolgungsbehörden haben Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in zwei italienischen Amazon-Standorten durchgeführt. Hintergrund ist eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft Mailand, die den Verdacht des Schmuggels von aus China stammenden Produkten prüft. Im Zentrum stehen mutmaßliche Unregelmäßigkeiten bei der Einfuhr und Bewegung von Waren, für die weder Mehrwertsteuer noch Zollgebühren entrichtet worden sein sollen.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Amazon als eine Art „trojanisches Pferd“ fungiert haben könnte, indem Waren chinesischer Herkunft ohne korrekte fiskalische Registrierung in Italien zirkulierten. Der zuständige Staatsanwalt Elio Ramondini führt die Ermittlungen gegen Verantwortliche des Konzerns.
Beschlagnahmungen in Logistikzentren und Ausweitung der Ermittlungen auf die EU
Die Guardia di Finanza von Monza beschlagnahmte in Zusammenarbeit mit der Zollbehörde rund 5.000 Produkte in einem von Amazon betriebenen Logistikzentrum in Cividate al Piano (Provinz Bergamo). Auch die Mailänder Unternehmenszentrale wurde durchsucht, wobei Informatikmaterial gesichert wurde. Zudem identifizierten die Ermittler eine für den inneritalienischen Warentransport verantwortliche Führungskraft.
Die Untersuchung ist ein Nebenstrang einer bereits laufenden, umfangreichen Ermittlung zu mutmaßlicher Steuerhinterziehung bei Online-Verkäufen in Italien zwischen 2019 und 2021, die ein potenzielles Ausmaß von 1,2 Milliarden Euro umfasst. Bereits zuvor waren hunderttausende Produkte beschlagnahmt und zahlreiche Dokumente sichergestellt worden, um die Struktur des Geschäftsmodells und die Warenwege seit 2019 zu rekonstruieren.
Die Ermittler vermuten, dass chinesische Waren über bisher unbekannte Kanäle in die Europäische Union gelangen und anschließend mithilfe eines komplexen Geflechts italienischer Unternehmen – darunter zahlreiche mutmaßliche Scheinfirmen – weiterverteilt und über den Amazon-Marktplatz verkauft werden. Laut den aktuellen Erkenntnissen soll der firmeneigene Algorithmus den Verkauf solcher nicht identifizierter Nicht-EU-Produkte begünstigen, was eine Hinterziehung der italienischen Mehrwertsteuer ermöglicht.
Die italienische Steuerbehörde hat Amazon einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, über den der Konzern bis Dezember entscheiden soll. Parallel untersucht die Staatsanwaltschaft mögliche Verstöße gegen den EU-Zollkodex. Aufgrund der komplexen Logistikprozesse arbeitet Amazon nach Angaben der Ermittler bei den Untersuchungen mit den Behörden zusammen.
Die Ermittlungen werden voraussichtlich auf weitere EU-Staaten ausgeweitet. Bereits im Juli informierten die Mailänder Staatsanwälte im Rahmen eines Treffens bei Eurojust in Den Haag Vertreter aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Polen, Spanien, Belgien, Schweden und Irland über den Umfang des Verfahrens. Zudem prüft die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) die Konzernfinanzen für die Jahre 2021 bis 2024.
Quelle: IlFattoQuotidiano













































































