Der Tod des bangladeschischen Aktivisten Sharif Osman Hadi hat Massenproteste, Gewalt und eine neue diplomatische Krise zwischen Bangladesch und Indien ausgelöst. Während das Land vor entscheidenden Wahlen steht, verschärfen sich innenpolitische Konflikte und regionale Spannungen.
Dhaka/Neu-Delhi. Hunderttausende Menschen haben am Samstag in Dhaka Abschied von Sharif Osman Hadi genommen. Der bekannte Aktivist war Anfang Dezember bei einem Angriff in der Hauptstadt angeschossen worden und erlag am Donnerstag in einem Krankenhaus in Singapur seinen Verletzungen. Die Trauergebete fanden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen nahe dem Parlamentsgebäude statt, nachdem der Leichnam am Freitagabend nach Bangladesch zurückgebracht worden war. Die Regierung erklärte den Samstag zum nationalen Trauertag.
Hadi war Sprecher der Kulturgruppe Inqilab Moncho und hatte eine prominente Rolle im politischen Aufstand des Jahres 2024 gespielt, der das Ende der 15-jährigen Amtszeit der damaligen Premierministerin Sheikh Hasina markierte. Er sollte auf dem Campus der Universität Dhaka beigesetzt werden, nahe dem Grab des Nationaldichters Kazi Nazrul Islam. Während der Trauerfeiern trugen Menschen bangladeschische Flaggen und skandierten Parolen, mit denen sie ankündigten, seinen politischen Kampf fortzusetzen.
Gewalt nach der Todesnachricht
Die Nachricht von Hadis Tod löste bereits am Donnerstagabend schwere Unruhen aus. In Dhaka griffen Demonstrantinnen und Demonstranten die Redaktionen zweier führender Tageszeitungen an und setzten sie in Brand. Übergangsregierungschef Muhammad Yunus, Friedensnobelpreisträger und Leiter der aktuellen Übergangsregierung, rief die Bevölkerung zur Ruhe auf.
Die Polizei erklärte, man habe Verdächtige im Zusammenhang mit dem Attentat identifiziert. Nach Angaben der Ermittler sei der mutmaßliche Schütze vermutlich nach Indien geflohen, wo sich auch die frühere Premierministerin Hasina im Exil befindet. Diese Einschätzung verschärfte die ohnehin angespannte Lage zwischen den beiden Nachbarstaaten.
Politische Rolle und offene Wahlen
Sharif Osman Hadi war nicht nur Aktivist, sondern auch politisch ambitioniert: Er galt als scharfer Kritiker sowohl Indiens als auch Sheikh Hasinas und hatte geplant, bei den für Februar angesetzten nationalen Wahlen als unabhängiger Kandidat in einem wichtigen Wahlkreis von Dhaka anzutreten.
Bangladesch befindet sich derzeit in einer heiklen Übergangsphase. Unter der Führung von Muhammad Yunus soll das Land nach Jahren bürgerlich-autoritärer Tendenzen wieder zu einem bürgerlich-demokratischen System zurückkehren. Das politische Feld ist jedoch stark umkämpft: Neben Hasinas Awami League zählt die Bangladesh Nationalist Party der früheren Premierministerin Khaleda Zia zu den beiden dominierenden Kräften. Zudem versucht die islamistische Jamaat-e-Islami-Partei in der neuen Situation an Einfluss zu gewinnen.
Diplomatischer Streit mit Indien
Der Tod Hadis führte zu einem offenen diplomatischen Schlagabtausch zwischen Bangladesch und Indien. Neu-Delhi bestellte den bangladeschischen Gesandten ein, während Dhaka den indischen Hochkommissar vorlud, um über Sicherheitsfragen an bangladeschischen Vertretungen in Indien zu sprechen.
Zusätzliche Brisanz erhielt die Lage durch einen weiteren Vorfall: In Bangladesch wurde ein 25-jähriger Hindu, Dipu Chandra Das, nach Blasphemievorwürfen von einem Mob gelyncht und öffentlich verbrannt. Dieser Mord verstärkte die Angst innerhalb religiöser Minderheiten im Land und führte in Indien zu Protesten.
Proteste in Neu-Delhi und Minderheitenfrage
In Neu-Delhi versammelten sich daraufhin Hunderte Demonstrantinnen und Demonstranten nahe der bangladeschischen Hochkommission. Die Proteste wurden vor allem von der hindu-nationalistischen Organisation Vishva Hindu Parishad getragen. Demonstranten warfen bangladeschischen Gruppen vor, religiöse Minderheiten gezielt anzugreifen, und forderten ein entschiedenes Eingreifen der Behörden in Dhaka.
Die indischen Sicherheitskräfte errichteten Barrikaden und verhinderten, dass Demonstranten in das diplomatische Gelände eindrangen. Vertreter der Übergangsregierung in Bangladesch wiesen Vorwürfe zurück, Minderheiten nicht ausreichend zu schützen.
Regionale Folgen
Expertinnen und Experten warnen, dass die jüngsten Ereignisse die Zusammenarbeit zwischen Indien und Bangladesch in Bereichen wie Handel, Grenzmanagement und regionaler Vernetzung erheblich belasten könnten. Die Beziehungen galten lange als stabil, insbesondere seit Hasinas Amtsantritt im Jahr 2009. Gleichzeitig wurde ihre Regierung von Kritikerinnen und Kritikern als zu stark an Indien orientiert beschrieben.
Mit dem Tod eines zentralen Aktivisten, zunehmender Gewalt und wachsendem Misstrauen zwischen den Nachbarstaaten steht Bangladesch vor einer schwierigen Phase. Die kommenden Wahlen werden nicht nur über die politische Zukunft des Landes entscheiden, sondern auch darüber, wie stabil die Beziehungen in einer ohnehin politisch polarisierten Region bleiben können.





















































































