HomeFeuilletonGeschichteVor 260 Jahren: Sklavenaufstand in Guyana

Vor 260 Jahren: Sklavenaufstand in Guyana

Am 23. Februar 1763 erhoben sich die afrikanischen Sklavenarbeiter in der Kolonie Berbice gegen ihre niederländischen Unterdrücker. Es war der erste historische Versuch, in Amerika ein freies Land für befreite Sklaven zu schaffen.

Ab 1627 bestand an der Nordküste Südamerikas, im heutigen Guyana, die niederländische Kolonie Berbice. Ihre wirtschaftliche Grundlage beruhte auf ausgedehnten Plantagen, auf denen Zuckerrohr, Baumwolle, Kakao, Kaffee und Tabak angebaut wurden. Die Arbeit mussten Sklaven verrichten, die von den Niederländern aus Afrika verschleppt wurden.

Im Jahr 1763 lebten in der Kolonie lediglich 350 Niederländer, aber rund 4.000 schwarze Sklaven. Unter diesen befand sich der Westafrikaner Cuffy, der aus dem Gebiet der heutigen Elfenbeinküste oder Ghanas stammte und auf der Plantage Lelienburg schuften musste. Er wurde am 23. Februar 1763 zum Anführer eines Aufstandes gegen die Sklaverei, der den die Kolonialherren und Sklavenhalter über zehn Monate massiv zusetzen sollte.

Cuffy scharte bis zu 3.000 Kämpfer um sich, die bei ersten Überfallen, u.a. auf die Plantage Magdalenenberg, Gewehre und Schießpulver erbeuten konnten – und damit gingen sie in die bewaffnete Offensive: Nach der Reihe wurden Plantagen erobert und geplündert, die Gebäude teilweise in Brand gesteckt und die weißen Sklavenhalter vertrieben oder gefangengenommen. Diejenigen, die fliehen konnten, zogen sich zunächst in das Fort Nassau und dann in die Festung St. Andries zurück. Der niederländische Gouverneur van Hoogenheim rief zusätzliche Truppen herbei, um den Aufstand mit Gewalt niederzuschlagen. Dies gelang jedoch erst, nachdem im Dezember 1763 sechs Schiffe aus Europa mit neuen Militäreinheiten eingetroffen waren.

Die Niederlage des Sklavenaufstandes hatte auch innere Gründe. Zum Zeitpunkt der zahlenmäßigen Überlegenheit konnten sich die Anführer auf keine einheitliche Vorgehensweise einigen. Cuffy hoffte, dass man sich im Hinterland ungestört ansiedeln und Landwirtschaft betreiben könnte, wenn man den Niederländern die Küstengebiete überließ. Andere, wie sein Stellvertreter Akara, waren hingegen der Ansicht, man müsste die Niederländer vollständig vertreiben, um in Ruhe leben zu können. Gemeinsam war ihnen jedoch die klare Zielsetzung des Aufbaus einer funktionierenden Gemeinschaft vor Ort – insofern ist das Bemerkenswerteste am Aufstand von Berbice, dass es sich um den ersten ernsthaften Versuch handelte, in Amerika ein freies Land für befreite Sklaven zu schaffen.

Die Niederländer machten dies freilich zunichte, indem sie ihre überlegenen Ressourcen zum Einsatz brachten und französische wie britische Unterstützung erhielten. Als die Kolonie zum Jahreswechsel 1763/64 wieder unter Kontrolle war – nur Kleingruppen versuchten noch für drei Monate einen erfolglosen Guerillakrieg –, waren nicht weniger 1.800 afrikanischen Kämpfer gefallen. Ihr Anführer Cuffy beging Selbstmord. Die Kolonialmacht hatte lediglich 40 Getötete zu beklagen. Das System der Sklavenplantagen wurde natürlich wiederhergestellt.

Dies änderte sich zunächst auch nicht, als das umstrittene Gebiet nach dem Wiener Kongress endgültig an Großbritannien fiel – es wechselten nur die Sklaventreiber. Doch im Jahr 1834 wurde im Bereich des britischen Empire die Sklaverei abgeschafft: Die Afrikaner bzw. ihre Nachkommen kamen frei, die Briten holten stattdessen indischen Kontraktarbeiter nach Guyana. Diese beiden großen Bevölkerungsgruppen – Afro- und Indo-Guyaner – prägen bis heute das seit 1966 unabhängige Land. Der nachfolgende Versuch der kommunistischen Fortschrittspartei des Volkes (People’s Progressive Party, PPP), in Guyana eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, war leider nicht von Erfolg gekrönt.

Der 23. Februar – der Jahrestag des Beginns des Sklavenaufstands von 1763 – ist seit 1970 Nationalfeiertag in Guyana. In der Hauptstadt Georgetown befindet sich am Revolutionsplatz eine große Statue von Cuffy, der bis heute als Nationalheld gilt.

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