HomeInternationalesChilenische Linke siegt bei Wahl zu Verfassungskonvent

Chilenische Linke siegt bei Wahl zu Verfassungskonvent

In der neuen verfassungsgebenden Versammlung Chiles gibt es eine Mehrheit links der Mitte, inklusive vieler unabhängiger Abgeordneter. Die PCCh erreichte sieben Sitze, die MIR verfehlte den Einzug.

Santiago de Chile. Als Ergebnis der massiven Proteste seit Oktober 2019 kam es in Chile nun zur Wahl einer neuen verfassungsgebenden Versammlung. Im Zuge der Corona-Pandemie wurde der Urnengang zunächst zweimal verschoben, am 15. und 16. Mai 2021 konnte er jedoch endlich durchgeführt werden – und er erbrachte ein teilweise überraschendes Ergebnis: Insbesondere das rechtskonservative Bündnis „Vamos por Chile“ von Präsident Sebastián Piñera erreichte mit 19,7 Prozent zwar eine relative Mehrheit der Stimmen, doch die 37 Sitze (von 155) im Verfassungskonvent genügen nicht einmal für das Veto-berechtigende Drittel – für den rechten Block ist dies eine schwere Niederlage.

Zweitstärkste Kraft wurde das linke Bündnis „Apruebo Dignidad“ (17,9 Prozent, 28 Sitze), dem auch die Kommunistische Partei Chiles (Partido Comunista de Chile, PCCh) angehört – die PCCh selbst wird sieben Abgeordnete stellen. Damit ließ man auch das sozialdemokratisch geführte Bündnis „Lista del Apruebo“ hinter sich, das 13,8 Prozent und 25 Sitze erreichte. Es erscheint offensichtlich, dass die Sozialistische Partei (PS, 15 Sitze) von vielen Menschen nicht mehr als Teil der Lösung angesehen wird. Die weiter linksstehende Liste „Unión Patriótica“, die aus der „Bewegung der revolutionären Linken“ (Movimiento de Izquierda Revolucionaria, MIR) und der „Kommunistischen Partei – Proletarische Aktion“ (CP-AP) besteht, verpasste mit 0,63 Prozent den Einzug in die verfassungsgebende Versammlung, ebenso wie die trotzkistische PTR, die Grün-Ökologische Partei und die Humanistische Partei.

Ein großer Teil der Abgeordneten wird als unabhängig ausgewiesen: Dies betrifft die 26 Sitze der „Volksliste“ (Lista del Pueblo, 15 Prozent), explizit unabhängige Listen und Kandidaten (elf Sitze) sowie die „Nicht-neutralen Unabhängigen“ (8,5 Prozent, elf Sitze). Diese Formationen gelten im Allgemeinen als Anti-Establishment-Listen und sind mit Ausnahme der letztgenannten recht deutlich als links einzuordnen. Hinzu kommen 17 Abgeordnete, deren Sitze für indigene Minderheiten (v.a. die Mapuche) reserviert waren – diese dürften ebenfalls wenig mit den Kräften der Oligarchie und des Imperialismus zu schaffen haben.

So ergibt sich unterm Strich eine verfassungsgebende Versammlung, deren Mehrheit links der Mitte und in Gegnerschaft zu den herrschenden Eliten steht. Ihre Aufgabe wird es sein, die alte Verfassung Chiles, die noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur stammt, durch eine bessere zu ersetzen, die dann abermals einer Volksabstimmung unterworfen wird. Man darf sich hier gewisse Fortschritte, aber keine Wunder erwarten. Zudem stehen im November dieses Jahres noch die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an, für die zwar die Karten neu gemischt sind, die aber trotzdem andere Mehrheiten erbringen könnten. Ohnedies steht fest, dass die sozialen und gesellschaftlichen Probleme in Chile nicht im Rahmen des bürgerlichen Systems gelöst werden können: Die Sache der Revolution und des Sozialismus verlangt einen klaren Bruch damit – das musste gerade die chilenische Linke 1973 auf bittere und tragische Weise erfahren.

Quelle: Der Standard

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