Eine Studie aus der Fachzeitschrift Eurosurveillance zeigt recht deutlich, dass das schwedische Modell eine Gefahr für alle umliegenden Länder dargestellt hat.
Stockholm. Beim Ausbruch des allgegenwärtigen, in Österreich nun seit Wochen auch wieder virulenter auftretenden Coronavirus, versuchten die meisten Regierungen, in jeder Hinsicht mangelhaft zwar, die Krankheit auf ihre Art einzudämmen, etwa mit den bekannten Methoden des Lockdowns, der Zugangsbeschränkungen und der in jeder Hinsicht nützlichen Mundschutzpflicht. Nicht so Schweden, das lange als Gegenmodell zu den hiesigen dilettantenhaften Methoden galt, denn Schweden setzte gleich zu Beginn auf eine durch und durch neoliberale natürliche Selektion ohne nervige und auf Dauer mühsame Restriktionen im Privatleben. Mit der reinen Aufforderung an die Bevölkerung, Abstand zu halten und gesund zu bleiben, musste für eine geraume Zeit nicht viel in Sicherheitsmaßnahmen investiert werden. Verglichen mit seinen nordischen Nachbarn wies Schweden recht bald eine weitaus höhere Zahl der mit Covid-19 in Verbindung gebrachten Todesfällen als auch der Infektionen an sich auf. Dies alles, und das gilt es hervorzuheben, unter sozialdemokratischen Vorzeichen.
Im nach wie vor aktuellen Beitrag von Andreas Sörensen, dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Schwedens (SKP) in der Zeitung der Arbeit im April 2021, gab es deshalb auch keine Zweifel, wem das Zaudern der schwedischen Regierung tatsächlich nützte:
„Dank der Politik der regierenden Sozialdemokraten wird die schwedische Wirtschaft einen geringeren Preis bezahlen als die internationalen Konkurrenten, weil man die Wirtschaft so offen wie möglich gehalten hat – keine Betriebe wurden geschlossen, sowohl Produktion als auch Konsumtion laufen weiter. In Kombination mit den Riesenspenden der Regierung an die Monopole heißt das also, dass die schwedischen Monopole durch die Pandemiepolitik Gewinne gemacht haben und stärker dastehen als zuvor in einer Welt, die deutlicher und deutlicher von den Widersprüchen zwischen den Imperialisten geprägt ist.“
Schweden als eindeutiger Corona-Exporteur in die umliegenden Länder
Eine neue, in der Zeitschrift Eurosurveillance veröffentlichte Studie hat nun gezeigt, dass das schwedische Modell massiv dazu beigetragen hat, das Virus in die umliegenden Länder zu exportieren. Die Studie wurde von schwedischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gemeinsam mit dem Norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit und der Universität Sydney (Australien) erstellt und publiziert.
John Petersson, Forscher der Universität Uppsala, behauptete in einem Interview mit dem schwedischen TV-Sender SVT, dass Schweden „im ersten Jahr der Pandemie ein Nettoexporteur des Sars-CoV-2-Virus in unsere nordischen Nachbarländer“ gewesen sei. Die hohen Ansteckungszahlen, die aus der laschen Handhabung der schwedischen Regierung resultierten, begünstigten letztendlich auch dessen widerstandsfähigere Mutation.
Im Zuge der Studie wurden 71.000 Patientenproben analysiert, wodurch ein genetischer Stammbaum der Coronavirus-Ausbreitung in die Nachbarländer nachvollzogen werden konnte. In hunderten von Fällen gelangten Infektionsketten aus Schweden hinaus in die angrenzenden Staaten. Somit konnte festgestellt werden, dass das schwedische Gegenmodell durchaus „einen Einfluss auf die epidemiologische Situation im Land und in der gesamten nordischen Region hatte“.
Damit zeigt sich wiederum, dass die neoliberalen Modelle der Herdenimmunisierung und des Aufsichselbstgestellt-Seins nur vorgeschobene, auf den Moment imaginierte Freiheiten bietet – tatsächlich frei war in Schweden wohl nur das Monopolkapital. Die Freiheiten, die sich die schwedische Regierung bei der Corona-Eindämmung geleistet hat, äußerten sich nachträglich auf Kosten von baren Menschenleben in- und außerhalb der Landesgrenzen.
Quelle: ORF/Eurosurveillance/Zeitung der Arbeit