Großes Interesse an der Präsentation des Buches „Der Bandera-Komplex“ in Wien: Die Zeitung der Arbeit hatte die Herausgeberin Susann Witt-Stahl eingeladen, die am 11. Oktober erstmals eine Buchvorstellung in Österreich machte. Störversuche durch in Wien lebende Banderisten liefen ins Leere.
Wien. Die Buchpräsentation der Zeitung der Arbeit „Der Bandera-Komplex“ mit der Autorin und Herausgeberin Susann Witt-Stahl, die am 11. Oktober in Wien stattfand, war gut besucht und ein voller Erfolg. Auch die Tatsache, dass sich vor dem Eingang des Lokals „Das freie Wort“, in dem die Veranstaltung durchgeführt wurde, ein Grüppchen von in Wien lebenden Bandera-Verehrern versammelt hatte, tat dem Erfolg keinen Abbruch. Die Wiener Polizeibehörde hatte es kurioserweise zugelassen, dass die fanatischen Anhänger des ukrainischen Faschismus direkt vor dem Lokal ihr Unwesen treiben konnten und mit einem Megaphon Krach machten, der zumindest in der ersten Stunde die Veranstaltung störte, bevor die Banderisten abzogen.
Einleitend gab PdA-Vorsitzender Tibor Zenker einen Überblick darüber, was Marxisten-Leninisten unter Faschismus verstehen. Mit der Definition des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale vor 90 Jahren, als Georgi Dimitroff den Faschismus an der Macht als „die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, der am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ charakterisierte, setzte Zenker einmal den Rahmen. Er zitierte den damaligen italienischen Kommunistenführer Palmiro Togliatti, der sagte: „Man kann nicht das Wesen des
Faschismus bestimmen, wenn man nicht den Imperialismus kennt.“ Dies sei deshalb von Bedeutung, so Zenker, weil der Faschismus als äußerste Konsequenz imperialistischer Barbarei nicht nur auf dem Boden des Imperialismus entsteht, sondern auch das ureigenste Produkt desselben ist. Er widmete sich in seinen Ausführungen nicht nur der Charakterisierung des Faschismus an der Macht, sondern auch der Charakterisierung von faschistischen Bewegungen. Über die konkrete Bewegung dieser Art in der Ukraine sprach dann Susann Witt-Stahl.

„Die Uhr tickt“
Die Herausgeberin des Buchs „Der Bandera-Komplex“ ist eine exzellente Kennerin der ukrainischen Politik und war auch bereits nach dem Maidan-Putsch von 2014 vor Ort, um zu recherchieren. Das Buch selbst ist einerseits ein Tagungsband, andererseits sind die Beiträge noch ergänzt durch vertiefende Interviews mit Experten aus Europa und Übersee. Nach 1945 war ja vor allem Kanada ein Rückzugsort für ukrainische SS-Leute und Banderisten, wo sie mit westlicher Hilfe ihre antikommunistischen und antisowjetischen Aktivitäten entfalteten.
„Die Uhr tickt“ stellte Witt-Stahl in ihrer Einleitung fest. Der ukrainische Faschismus sei als Kriegstreiber sehr aktiv und gefährlich und er sei weltweit bemüht, „den großen Krach zu provozieren“. Bereits in den 1950er-Jahren habe der Stellvertreter Banderas proklamiert, der dritte Weltkrieg müsse kommen, er sei unvermeidlich. Ihre Feststellung wird praktisch täglich durch das Selenskyj-Regime bestätigt, das ständig bemüht ist, die NATO in eine direkte militärische Konfrontation hineinzuziehen und damit die Gefahr eines Atomkriegs heraufzubeschwören.
In der ukrainischen Armee sind die Faschisten heute eine Macht. Das dritte Armeekorps etwa, das als Eliteeinheit bezeichnet wird, steht unter der Führung von Asow und der Kommandant Andriy Biletsky, einer der bekanntesten faschistischen Anführer der Ukraine, wurde von Präsident Wolodymyr Selenskyj zum General ernannt. Das 3. Armeekorps verfüge über 15.000–25.000 Soldaten und darüber hinaus gebe es noch weitere faschistische Formationen in der Armee, wie zum Beispiel die „Kraken“, die direkt dem Militärgeheimdienst SBU unterstehen.
Die von Stepan Bandera gegründete OUN‑B habe es seit der Nachkriegszeit weier gegeben und ohne sie (und die Millarden der USA) wäre der Maidan-Putsch im Jahr 2014 in der Ukraine nicht möglich gewesen. Ob in der Ukraine nach dem Ende des Krieges auch eine faschistische Diktatur als Herrschaftsform entstehen könnte, hänge ganz von den Plänen des Westens ab.
Susann Witt-Stahl gab einen bunten Überblick über Vergangenheit und Gegenwart der faschistischen Bewegung in der Ukraine und es kann jedem und jeder Interessierten nur empfohlen werden, das Buch zu kaufen: „Der Bandera-Komplex“, Verlag Junge Welt, Berlin.