Mit dem Tod von Lidia Menapace forderte die CoViD-19-Pandemie ein Opfer, das als Ikone der italienischen Frauenrechtsbewegung galt. Daneben bemühte sie sich um eine Brücke zwischen christlichem Glauben und dem Kampf für den Sozialismus.
Bozen. Am 7. Dezember verstarb die italienischen Politikerin, Autorin und ehemalige Wortführerin der progressiven Frauenbewegung Lidia Menapace in der Südtiroler Hauptstadt. Sie hatte sich von den Folgen einer CoViD-19-Erkrankung nicht mehr erholt. Geboren wurde sie als Lidia Briscia in der piemontesischen Stadt Novara im Jahr 1924. Während des Zweiten Weltkrieges – sie studierte gerade an der Katholischen Universität von Mailand Literatur – wurde sie als Partisanin in der antifaschistischen Resistenza aktiv. Nach der Heirat mit einem Arzt, dessen Nachnamen sie annahm, zog sie mit diesem 1952 nach Bozen. Dort begann ihre politische Karriere – und zwar in den Reihen der „Democrazia Cristiana“ (DC), der damals bestimmenden konservativen Partei. Für diese saß sie von 1956 bis 1960 zunächst im Bozner Gemeinderat, 1964 zog sie (gemeinsam mit Waltraud Gebert-Deeg von der Volkspartei) als erste Frau in den Südtiroler Landtag ein. Zur selben Zeit war sie auch Lektorin für Literatur an der Katholischen Universität vom Heiligen Herzen. Ab 1965 bekleidete sie das Amt als Landesrätin für Gesundheit und Soziales im zweiten Kabinett von Silvius Magnago (SVP). Dann nahmen ihr Leben und ihre Karriere jedoch eine Wendung, die weit nach links führte.
Nach der Veröffentlichung ihres Essays „Per una scelta marxista“ (Für eine marxistische Wahl) brach sie 1968 mit den Christdemokraten und wurde zur (nicht unkritischen) Unterstützerin der Kommunistischen Partei und des Marxismus. Diese Umorientierung kostete sie freilich auch ihre Position an der Universität, dafür gehörte sie zu den Mitbegründern der zunächst kommunistischen, später linken Zeitung „Il Manifesto“. Zur weithin angesehenen Wortführerin des linken Feminismus wurde Menapace durch die Veröffentlichung ihres Buches „Per un movimento politico della liberazione della donna“ (Für eine politische Bewegung zur Befreiung der Frau, 1972). Ab 1973 zählte sie zu den Proponenten der Gruppierung „Cristiani per il Socialismo“ (Christen für den Sozialismus). In weiterer Folge nahm sie auch politische Mandate wahr, so in den 1980er Jahren als Gemeinderätin in Rom für eine linkssozialistische Liste. Menapace gehörte 1991 zu den Gründungsmitglieder der „Rifondazione Comunista“, für die sie von 2006 bis 2008 im italienischen Senat saß. 2009 kandidierte sie bei der EU-Wahl für die gemeinsame RC/PdCI-Liste, 2018 – bereits 94 Jahre alt – nochmals für das regenbogenlinke Bündnis „Potere al Popolo“ zum Senat, jedoch beide Male ohne Erfolg. Ihr Vermächtnis bilden die Verbindung von Christentum, Marxismus und Sozialismus, ein unerschütterliches moralisches Eintreten gegen Unrecht sowie ihre populären Beiträge für die Befreiung der Frau.
Quelle: Südtirol Online