Nestlé kündigt den Abbau von 16.000 Stellen an – trotz steigender Umsätze und besserer Geschäftszahlen. Neuer CEO Philipp Navratil setzt auf Effizienz und Kostensenkung, doch der harte Sparkurs wirft Fragen nach sozialer Verantwortung und Unternehmenskultur auf.
Vevey. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern hat angekündigt, weltweit 16.000 Arbeitsplätze abzubauen – ein drastischer Schritt, der, wie so häufig in diesen und anderen Bezügen, Fragen nach der sozialen Verantwortung des Unternehmens aufwirft. Der neue CEO Philipp Navratil, der erst seit Kurzem an der Spitze steht, begründet die Entscheidung mit dem Ziel, die Effizienz zu steigern und das Verkaufsvolumen zu erhöhen.
Tatsächlich meldete Nestlé zuletzt ein stärker als erwartetes Umsatzwachstum. Ein Plus von 1,5 Prozent beim Verkaufsvolumen im dritten Quartal lag deutlich über den Analystenerwartungen. Die Zuwächse resultierten vor allem aus höheren Preisen bei Kaffee- und Süßwarenprodukten – also nicht aus gesteigertem Absatz, sondern aus Preisanpassungen.
Dennoch setzt Navratil auf einen harten Sparkurs. 12.000 Büroarbeitsplätze sollen wegfallen, weitere 4.000 Stellen in Produktion und Lieferkette. Für die rund 277.000 Beschäftigten weltweit bedeutet das eine massive Verunsicherung. Der Konzern plant zugleich, sein Einsparziel bis 2027 von 2,5 auf 3 Milliarden Schweizer Franken zu erhöhen.
Navratil, zuvor Chef der Nestlé-Tochter Nespresso, spricht von einer neuen „Performance-Kultur“, in der Marktanteilsverluste nicht akzeptiert und Erfolge stärker belohnt werden sollen. „Die Welt verändert sich, und Nestlé muss sich schneller verändern“, heißt es in seiner Erklärung. Doch die Botschaft hat einen doppelten Boden: Während der Konzern von Wachstum spricht, zahlen viele Beschäftigte den Preis für diese „Veränderung“ mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Besonders brisant ist der Zeitpunkt des Umbaus. Nach Monaten innerer Unruhe – mit der Entlassung des früheren CEO Laurent Freixe und dem Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke – versucht Nestlé, wieder Stabilität zu gewinnen. Stattdessen könnte der neue Sparkurs die Spannungen weiter verschärfen.
Dass ein Unternehmen mit stabilen Gewinnen und steigenden Umsätzen zehntausende Stellen streicht, verweist auf ein strukturelles Problem der kapitalistischen Wirtschaft: Effizienz wird oft zum Selbstzweck, und kurzfristige Renditeziele überlagern soziale Verantwortung. Nestlé mag seine Bilanz aufpolieren – doch der Preis dafür ist hoch.
Quelle: Reuters