Ravenna hat den Transit von Sprengstoff nach Israel gestoppt: Zwei Lkw mit für Haifa bestimmter Munition durften den Hafen nicht befahren. Ausgelöst durch Proteste der Hafenarbeiter schalteten sich Bürgermeister, Provinz und Region ein – und setzten ein Zeichen gegen Waffenlieferungen für einen vonstattengehenden Genozid. Auch Italiens größte Gewerkschaften rufen nun zu Streiks und Blockaden in weiteren Häfen auf.
Ravenna. Der norditalienische Hafen von Ravenna hat diese Woche zwei Lastwagen die Einfahrt verweigert, die nach offiziellen Angaben Sprengstoff nach Israel transportieren sollten. Der Stopp erfolgte vor dem Hintergrund wachsender Proteste italienischer Hafenarbeiterinnen, Hafenarbeiter und Gewerkschaften gegen den israelischen Völkermord im Gazastreifen.
Intervention durch Stadt und Region
Bürgermeister Alessandro Barattoni erklärte, die Hafenbehörde habe einem Antrag von ihm sowie der Regionalregierung Emilia-Romagna entsprochen, den Zugang der beiden Lkw zu blockieren. Die Lastwagen hätten Container mit Sprengstoff geladen, die für den israelischen Hafen Haifa bestimmt gewesen seien. Zuvor war bekannt geworden, dass die lokale Hafencompagnie die Munition – tschechischer und ungarischer Herkunft – auf ein Schiff der israelischen Reederei Zim, die Contship Era, umladen sollte.
Die Lieferung war italienischen Medien zufolge aus Tschechien über Österreich nach Italien gelangt. Hafenarbeiter in Ravenna hatten die Ankunft der als „1‑B-4“ klassifizierten und damit eindeutig als Sprengstoff deklarierten Fracht gemeldet, als sich die Fahrzeuge noch an der österreichisch-italienischen Grenze befanden. Barattoni erklärte, er habe bei den Hafenunternehmen nachgefragt, ein Dementi habe es nicht gegeben.
Widerstand in Ravenna
Die Nachricht führte zu spontanen Protesten der Hafenarbeiter, die Unterstützung von Bürgermeister Barattoni, der Provinzpräsidentin Valentina Palli und dem ehemaligen Bürgermeister und jetzigen Regionalpräsidenten Michele De Pascale erhielten. Gemeinsam forderten sie die Betreibergesellschaft Sapir auf, Waffenlieferungen in Konfliktgebiete zu stoppen. Dank der kommunalen und regionalen Beteiligung an der Gesellschaft konnten die Vertreterinnen und Vertreter der öffentlichen Hand ihren Einspruch durchsetzen.
In einem Brief verlangten Barattoni, Palli und De Pascale zudem, dass Sapir seinen Ethikkodex um einen Passus zu Menschenrechten und Frieden erweitert. „Es gibt immer eine Seite, auf der man steht“, heißt es in dem Schreiben. „Für Emilia-Romagna und Ravenna ist klar: auf der Seite der unschuldigen Opfer und Geiseln, nicht auf der Seite krimineller Regierungen und terroristischer Organisationen. Jede Handlung, auch das Nichthandeln, ist politisch.“
Gewerkschaftliche Mobilisierung
Die Hafencompagnie selbst verwies in einer Mitteilung an Sapir auf „konkrete Risiken von Problemen der öffentlichen Ordnung“, sollte der Umschlag von Kriegsmaterial erfolgen. Man habe nicht ausgeschlossen, dass dies zur Blockade des betroffenen Schiffs und des gesamten Terminals geführt hätte.
Unterdessen rief Italiens größter Gewerkschaftsverband CGIL zu einem landesweiten Halbtagsstreik und zu Demonstrationen in Rom und anderen Städten auf. Am 22. September wollen zwei weitere Gewerkschaften die Arbeit niederlegen und die Aktivitäten in den großen Häfen von Genua und Livorno blockieren.
CGIL erklärte, Ziel sei es, den Druck auf die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni zu erhöhen, „alle Kooperationsabkommen mit Israel auszusetzen, das humanitäre Embargo zu beenden und den Staat Palästina anzuerkennen“.
Nicht der erste Fall
Bereits Ende Juni war es in Ravenna zu einem ähnlichen Vorfall gekommen: Damals sollte die Zim New Zealand beladen werden. Bürgermeister Barattoni schrieb daraufhin an Verkehrsminister Matteo Salvini: „Ich will nicht, dass unser Hafen mitschuldig wird am Massaker in Gaza. Ich habe nicht die Absicht, auf irgendeine Weise den Waffenhandel zu unterstützen, der Tag für Tag die Zahl der Opfer vergrößert.“
Quellen: IlFattoQuotidiano / ORF