HomeKlassenkampf3 Euro Stundenlohn, aber Gewerkschaft sorgt sich um Ruf der Branche!

3 Euro Stundenlohn, aber Gewerkschaft sorgt sich um Ruf der Branche!

Während immer neue Missstände in Zusammenhang mit Leiharbeitsfirmen bekannt werden, stellt sich die Gewerkschaft PRO-GE an die Seite der Unternehmer. Die Gewerkschaft ist nicht etwa in heller Aufregung über die aufgedeckten Zustände, sondern sie macht gemeinsame Presseaussendungen mit der Wirtschaftskammer.

Wien/Niederösterreich. Wie wir bereits berichteten, hat der aktuelle „Corona-Cluster“ seinen Ausgang offenbar bei Leiharbeitern aus einer Wiener Flüchtlingsunterkunft genommen, die dicht gedrängt in Bussen zur Arbeit in Verteilzentren der Post und wieder zurück gebracht wurden. In einem Möbel-Zentrallager in Wien-Floridsdorf sind ebenfalls Arbeiter an Corona erkrankt, auch hier waren Arbeitskräfte vom selben Personalvermittler eingesetzt. Auch weitere Erkrankungen in Wien und Niederösterreich werden mit diesem Cluster in Verbindung gebracht.

30 Euro Tageslohn für 10 Stunden Arbeit!

Der Strabag-Betriebsrat Omar Al-Rawi berichtet, dass sich ein Leiharbeiter bei ihm gemeldet hat, der bei einer der Firmen tätig war, die für die Post gearbeitet haben. Für 10 Stunden Arbeit habe er einen Tageslohn von 30 Euro bekommen, manchmal sogar weniger. Das ist ja gar nicht erlaubt, werden Wirtschaftskammer und Gewerkschaft PRO-GE erwidern, die neuerdings gemeinsame Pressaussendungen zu Rettung des Rufes der Leiharbeitsbranche machen: „Damit werden eine ganze Branche und ihre ArbeitnehmerInnen in einem negativen Licht dargestellt“ schreiben sie gemeinsam. Natürlich ist es nicht erlaubt, und geschieht offenbar dennoch. Sieht das ein Arbeiteraristokrat, der solche Weisswaschwische unterschreibt nicht, oder will er es nicht sehen?

Anderes Beispiel gefällig: Über einen Zeitraum eines Dreivierteljahres hat die Rechercheplattform semiosis​.at die Praktiken von zum Teil bereits seit Jahren für ihre üblen Praktiken bekannten Leiharbeitsfirmen verfolgt. Dabei stießen die Journalisten auf „Arbeitsverträge“, die über 30 Stunden im Monat abgeschlossen werden, obwohl 40 Stunden gearbeitet wird, auf zusammengeschusterte „Dienstvertrtäge“, die den Kollektivvertrag ausschließen, einen Monatslohn von 900 Euro im Monat festlegen, und die die Dienstnehmer einer lächerlichen Konkurrenzklausel von einem halben Jahr ab Beendigung des Dienstverhältnisses unterwerfen. Solche Verträge sind zwar null und nichtig, aber wer weiss das schon?

6–9 Euro Stundenlohn, kein Urlaub, kein Krankenstand, kein 13. und 14. Monatslohn

Die Stundenlöhne reichen von 6 Euro netto pro Stunde bis maximal knapp 9 Euro. Einen Anspruch auf bezahlten Urlaub haben sie nicht, erzählen die Betroffenen. Wenn sie krank werden, dann erhalten sie kein Krankengeld. Daher gehen sie auch mit Fieber noch arbeiten, berichten sie. Auch von einem 13. und 14. Monatsgehalt kann keine Rede sein. Stattdessen werden gelegentlich geringe Prämien ausbezahlt. Das ist es, was die Arbeiterinnen und Arbeiter zu berichten hatten. Für die Gewerkschaft PRO-GE ist die Welt freilich in Ordnung: „Insbesondere werden alle politischen Akteure aber auch die Medienvertreter ersucht, dabei die Verbreitung unrichtiger Informationen, wie insbesondere, dass ZeitarbeiterInnen als „neue Selbständige“ beschäftigt werden oder diesen kein Urlaubs- oder Krankengeld bezahlt werde, künftig zu unterlassen.“ stellt ihr Sekretär Thomas Grammelhofer in seiner gemeinsamen Aussendung mit seinem „Sozialpartner“ in der WKO fest. 

„Wer vertritt eigentlich die Interessen der Betroffenen?“ fragen die semiosis-Rechercheure abschließend. Die Gewerkschaft offenbar nicht, für die ist ja alles in Ordnung, denn am Papier darf es das alles ja gar nicht geben, was sich hier abspielt.

Profiteure sind die Großkonzerne

Sowohl die Post als börsennotierter Konzern, an dem die Republik beiteiligt ist, als auch andere Konzerne verdienen unter Zuhilfenahme dubioser „Arbeitskräfteüberlasser“ Extraprofite, die sie mit ordentlich angemeldetem eigenem Personal nicht erzielen könnten. Natürlich zeigen sie sich empört, wenn solche Praktiken bekannt werden. Auch die drei Firmen, die von semiosis​.at ausgeforscht wurden, arbeiten für namhafte Konzerne, nämlich für Gebrüder Weiss und Henkel.

Das Verhalten der Gewerkschaft PRO-GE ist ein typisches Beispiel dafür, wie schädlich das Paktieren der Gewerkschaftsführung mit den Unternehmerverbänden für die Arbeiterinnen und Arbeiter ist. Die Partei der Arbeit tritt daher für eine kämpferische Arbeiterfront von unten ein. Die Arbeiter und Angestellten sind von diesen angeblichen Vertretern ihrer Interessen lange genug niedriggehalten geworden, während sich ihre Lage immer weiter verschlechtert hat.

Quellen: APA-OTS/semiosis​.at/Omar Al-Rawi auf FB

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