Mit großen Zielen und sogar einer Streikdrohung gingen GPA und Vida in die KV-Verhandlungen in der Sozialwirtschaft. Nun ließ man sich mit einem Minimalresultat abspeisen, das für die Beschäftigten ein Schlag ins Gesicht ist.
Wien. In der Nacht auf Dienstag kam es bei den Kollektivvertragsverhandlungen in der österreichischen Sozialwirtschaft (SWÖ) zu einem überraschenden Ergebnis: Löhne, Gehälter, Zulagen und Zuschläge sollen mit 1. Jänner 2024 um 9,2 Prozent steigen. Das klingt auf den ersten Blick nicht so übel, ist es jedoch sehr wohl. Das gewerkschaftliche Verhandlungsteam aus GPA und Vida ist rasch eingeknickt und bejubelt nun ein für die rund 130.000 Beschäftigten höchst unbefriedigendes Resultat.
Dazu muss man wissen, dass die Gewerkschaften mit einer ambitionierten, aber gerechten Forderung von Plus 15 Prozent in die Lohnrunde gegangen sind – und dies nicht ohne Grund, denn der private Pflege‑, Gesundheits- und Sozialbereich ist bei überaus anstrengenden und wichtigen Tätigkeiten ohnedies notorisch unterbezahlt. Betroffen sind zudem zu 70 Prozent Frauen. Auch jetzt wird der Brutto-Mindestlohn für einen Vollzeitjob nur wenig über der 2.000-Euro-Grenze liegen.
Die Unternehmerseite, die in diesem Fall auch Einrichtungen wie die Caritas oder Volkshilfe umfasst, hatte ein Gegenangebot von nur 8,8 Prozent gestellt, das somit gerade mal 0,1 Prozentpunkte über der rollierenden Inflation lag. Aufgrund der Unzumutbarkeit dieses Ansinnens hatte eine SWÖ-Betriebsrätekonferenz zuletzt sogar einen Streikbeschluss gefasst, um gegebenenfalls mit Kampfmaßnahmen reagieren und die eigene Position untermauern zu können. Diese sind nun vom Tisch.
So sehr sich die Verantwortlichen von GPA und Vida nun also selbst auf die Schultern klopfen und gemeinsam mit den „Arbeitgebern“ zufrieden sind, so muss man von einer schweren Niederlage (oder besser: Kapitulation) sprechen. Während man vom eigenen Angebot gleich 5,8 Prozentpunkte runtergerasselt ist, konnte man einen Abschluss erreichen, der um sage und schreibe 0,4 Prozentpunkte über dem Unternehmerangebot liegt. Für die Beschäftigten ist dieser „Erfolg“ ein Schlag ins Gesicht.
Und als wäre das nicht genug, hat das Ganze auch Auswirkungen auf andere Branchen: Den streikenden Metallern und den kampfbereiten Handelsangestellten fällt man mit einem solchen Verhalten nämlich in den Rücken.
Quelle: Der Standard