Vöcklabruck. Wie wir bereits berichteten, hat der Faserhersteller Lenzing beschlossen, bis zu 600 Beschäftigte zu opfern, um seine Bilanzen zu „verschlanken“. Rund 300 Stellen in der Verwaltung sollen sofort verschwinden, 250 davon noch in diesem Jahr. Weitere 300 folgen bis 2027, wenn der Konzern seine „internationale Präsenz“ in Asien und Nordamerika ausbaut – ein hübsches Wort für die Verlagerung dorthin, wo Löhne niedriger sind und Mitbestimmung schwächer ist. Offiziell soll das ab 2026 Einsparungen von 25 Millionen Euro bringen, bis 2027 gar 45 Millionen. Für die Beschäftigten bedeutet es schlicht: Arbeitsplatz weg, Lebensgrundlage bedroht.
Dabei war die Botschaft vor einem halben Jahr noch eine andere – Standort gesichert, Zukunft abgesichert, hieß es. Heute: Sozialplan statt Sicherheit. Und selbst dieser „sehr gute Sozialplan“ bleibt ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer seinen Job verliert, verliert Einkommen, Perspektive, oft auch Würde.
Die Betriebsversammlung mit rund 1.000 Kolleginnen und Kollegen war ein starkes Zeichen: Die Belegschaft steht hinter dem Betriebsrat und fordert den Erhalt aller Arbeitsplätze. Sie wissen, dass sie es waren, die das Unternehmen durch die Krisen getragen haben. Jetzt erleben sie, wie ihre Arbeit entwertet wird – weil eine Zahl im EBITDA stimmt und der Aktienkurs für die Anteilseigner wieder glänzen soll.
Das Muster ist altbekannt: Erst werden Gewinne aus der Arbeit der Beschäftigten gepresst, dann heißt es „Effizienz“, „Restrukturierung“ und „Internationalisierung“. Dass der Umsatz im ersten Halbjahr um 2,3 Prozent gestiegen ist und Lenzing nach einem Verlust im Vorjahr nun wieder Gewinne einfährt, ist dabei egal. Stattdessen wird ein drohender Wertverlust von 100 Millionen Euro für 2025 heraufbeschworen, als ob er alternativlos durch Kündigungen kompensiert werden müsse.
Dass Lenzing gleichzeitig ein Investitionspaket von 100 Millionen Euro ankündigt, ist blanker Zynismus: Geld ist da, nur nicht für jene, die es erarbeiten. Während weltweit 7.700 Menschen für Lenzing schuften, davon 3.000 am Stammsitz, sollen die Kosten nun wieder einmal bei ihnen eingespart werden. Hauptaktionärin B&C, Suzano aus Brasilien und Goldman Sachs reiben sich die Hände, für ihn bedeutet „Internationalisierung“ nichts anderes als, dass Dividenden steigen – bezahlt von den Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren.
Hier zeigt sich die nackte Klassenlogik: Die Kosten der Krise tragen nicht die Eigentümer, sondern die Lohnabhängigen. Während in Präsentationen „Innovation“ und „Know-how“ gefeiert werden, wird gleichzeitig genau dieses Know-how zum Abbau freigegeben. Und wenn der Vorstand die Verlagerung ins Ausland als „Stärkung“ verkauft, dann ist das nichts anderes als die alte Wahrheit: Für das Kapital sind Arbeitsplätze nur Mittel zum Zweck – austauschbar, verschiebbar, kündbar.
Die Antwort darauf muss klar sein: Solidarität mit den Beschäftigten. Widerstand gegen die Politik der ständigen Kürzungen, Sozialpläne und Standortlügen. Die Kolleginnen und Kollegen von Lenzing dürfen nicht die Zeche zahlen für die Profitinteressen von Banken und Industrieholdings.
Quelle: ORF / Zeitung der Arbeit