Linz. Für 640 Angestellte des Linzer Tankstellenbetreibers Stiglechner ist in diesen Tagen nichts mehr sicher. Das Familienunternehmen mit 140 Tankstellen steht unmittelbar vor der Insolvenz. Die Zahlungsunfähigkeit bedeutet für Hunderte Beschäftigte vor allem eines: akute Existenzangst.
Viele der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfuhren bereits, dass ihr Arbeitgeber zahlungsunfähig ist. Ob sie ihren Job behalten, in Kurzarbeit landen oder bald beim AMS vorsprechen müssen, entscheidet nun ein Insolvenzverfahren. Zwei Jahre soll das massive Verluste eingefahren haben – rund 20,7 Millionen Euro im Jahr 2023 und weitere 9,3 Millionen Euro 2024. Für die Beschäftigten ist die Insolvenz kein abstrakter wirtschaftlicher Vorgang, sondern eine ganz konkrete Bedrohung ihrer Lebensgrundlage.
Offiziell werden Corona, Inflation, Ölpreisverfall und hohe Investitionskosten als Ursachen genannt. Für die Angestellten klingt das wie die vertraute Ausrede eines Systems, das Risiken systematisch auf jene abwälzt, die weder über Rücklagen noch über Beteiligungen verfügen. Während Eigentümer und Banken über Sanierungen, Restrukturierungen und Abschreibungen verhandeln, geht es für die Beschäftigten um Miete, Kredite, Lebensmittelpreise und die Frage, wie die nächste Stromrechnung bezahlt werden soll.
Der Restrukturierungsprozess, der bereits 2024 gemeinsam mit den Banken gestartet wurde, ist gescheitert. Damit endet auch die letzte Hoffnung vieler Angestellter auf eine halbwegs sichere Rettung. Was für das Management nüchtern als „wirtschaftliche Option“ gilt, bedeutet für die Beschäftigten womöglich den abrupten Sturz in Arbeitslosigkeit – in einer Zeit, in der Inflation und Lebenshaltungskosten ohnehin schon viele Haushalte an die Grenze drücken.
Jetzt liegt das Schicksal des Unternehmens – und damit auch das der 640 Kolleginnen und Kollegen – in den Händen eines Insolvenzverwalters. Nicht soziale Verantwortung, nicht die Sicherung von Einkommen, sondern allein die Frage der ökonomischen Verwertbarkeit wird entscheiden, ob und wie viele Arbeitsplätze vorübergehend erhalten bleiben. Der Mensch erscheint darin als Kostenfaktor, nicht als Existenz, die von diesem Betrieb abhängig ist.
Der Fall Stiglechner zeigt einmal mehr den blanken Zynismus des kapitalistischen Alltags: Solange Gewinne fließen, wird von „Familienunternehmen“ und „Verantwortung“ gesprochen. Sobald der Profit versiegt, sind es die Angestellten, die den Preis zahlen. Für sie bleibt am Ende nicht die Insolvenz eines Unternehmens, sondern die Unsicherheit über ihre Zukunft.
Quelle: ORF


















































































